Ein Blick durchs Zeitfenster
Im Frühling 2019 von Dr. Luis Fuchs
Den „besten Innenminister aller Zeiten“ abzuschießen, sei der wahre Skandal im österreichischen Regierungsdebakel, meinte ein Spitzenexponent der FPÖ. Die Attacke galt dem Bundeskanzler Kurz, der angesichts des politischen Super-GAUs den Minister Kickl in die Wüste geschickt hatte. Der zum Superlativ gesteigerte Nachsatz „aller Zeiten“ soll den Eindruck von einem grenzwertigen Nonplusultra erwecken. Die Wendung lässt Reminiszenzen an eine unheilvolle Epoche aufkommen, als der Führer als „Gröfaz“, also als „größter Feldherr aller Zeiten“ bezeichnet wurde.
Schlagzeilen mit dem unüberbietbaren Superlativ „aller Zeiten“ erregen auch heutzutage unsere Aufmerksamkeit. Die Liste der „größten Formel-1-Fahrer aller Zeiten“ führt Michael Schumacher an, lässt uns Sport 1 wissen: „Er hat sich mit 91 Grands Prix ein Denkmal für die Ewigkeit gesetzt.“ Im Ranking der „100 besten Gitarristen aller Zeiten“ steht Jimi Hendrix an der Spitze. Als Armin Zöggeler im Jahre 2014 seine Rennkarriere beendete, titelte die Sport News: „Nun tritt Südtirols erfolgreichster Sportler aller Zeiten in den Ruhestand.“ Wenn allerdings die erbrachten Spitzenleistungen für alle Zeiten gelten sollten, dann müsste auch die Zukunft eingeschlossen werden. Würden alle bisherigen Höchstleistungen nicht mehr überboten, wäre die jährliche Neuauflage des Guiness-Buches der Rekorde uninteressant.
Es steht uns nicht zu, über „die Besten aller Zeiten“ zu befinden, denn wir leben „hic et nunc“, also hier und jetzt. Nicht von ungefähr entspricht das viel verwendete Wort „zeitnah“ dem Zeitgeist. Der Ausdruck wird gerade von Politikern gern in den Mund genommen, da er äußerst dehnbar ist. Eine „zeitnahe“ Aktion kann ebenso „zeitgemäß“ sein wie auch prompt im Handumdrehen erfolgen. Die Durchführungsverordnungen zum neuen Raumordnungsgesetz seien unbedingt „zeitnah“ zu definieren, fordert Hannes Mussak, der Präsident des Südtiroler Wirtschaftsrings. Eine „zeitnahe Einführung“ der Doppelstaatsbürgerschaft – von der FPÖ des Öfteren angekündigt – ist derzeit nicht absehbar. Es ist nichts Neues, dass in der Politik „zeitnahe Umsetzungen“ versprochen werden und die Bürger dann auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet werden.