Mit Händen sprechen
Lesezeit: 2 minIm Herbst 2020 von Dr. Luis Fuchs
Die Maske macht uns das Leben, genauer die Verständigung schwer; sie erweist sich als textile „Kommunikationsbarriere“ in unserem Umgang mit den Mitmenschen. Wie also sollen wir uns verständigen, wenn wir mit Worten kein Gehör mehr finden?
Am besten mit den Händen, rät Francesco Ziori; er leitet das Italienische Kulturinstitut in München. In den südeuropäischen Ländern sei es uralter Usus, mit ausladender Gestik Botschaften zu übermitteln. Will der Italiener seinen Unmut spontan äußern, sagt er nicht einfach: „Was soll denn das, bitte?“ Er zeigt die Verärgerung unmissverständlich mit einer Geste: Die Finger zu einem Schnabel geformt, der nach oben zeigt, wird der Arm angewinkelt und auf und ab bewegt. Auf den Hinweis hin, in pandemischen Zeiten eine Maske zu tragen, bekommt der besorgte Mitbürger nicht etwa zur Antwort: „E chi se ne frega!“ Ohne ein Wort zu verlieren, signalisiert der Gerügte seinen Unwillen mit einer Geste: Die Hand wird ans Kinn geführt und mit der Außenseite der Finger ruckartig von dort wegbewegt.
Es gibt Handzeichen, die heutzutage nahezu alle Menschen verstehen. Mit ausholenden Bewegungen der Arme winken wir unseren Vertrauten zum Abschied. Das Winken gilt weltweit als friedliches Signal. Wir zeigen symbolisch unsere Handflächen und alle können sehen, dass wir keine Waffen tragen. Wer dagegen die Handflächen mit gestreckten Fingern nach vorn hält, signalisiert ein Stopp. In dieser Position bilden die Hände einen Schutzwall vor dem Körper und wehren einen Angriff ab. Wenn der Verkehrspolizist die Fahrzeuge anhält, dann ist die erhobene Kelle gleichsam eine verlängerte Hand. Bilden Zeigefinger und Mittelfinger ein V, so steht dies für Victory. Dieses Zeichen gilt weltweit als Signal des Sieges. Bekannt wurde die Geste durch den britischen Premierminister Winston Churchill, der damit im Kampf gegen Nazi-Deutschland die Siegesgewissheit der Alliierten demonstrierte und seinen Landsleuten Mut machte.
Immer häufiger wird über Daumen-Gesten kommuniziert. So bedeutet Daumen nach oben, Daumen nach unten „positiv“ bzw. „negativ“. Ob mit dieser Geste bereits in den römischen Arenen über Wohl oder Wehe der Gladiatoren entschieden wurde, ist umstritten. Dieser Daumen-Geste in Form eines Emojis bedienen wir uns gerne, wenn wir Bilder und Videos im Smartphone „liken“ statt aufwendig „gefällt mir“ zu antworten. Neuerdings ist zu beobachten, wie Sprecher beim Zitieren von Textstellen und Begriffen diese mit gestikulierten Anführungszeichen versehen. Dabei beugen und strecken sie gleichzeitig Zeige- und Mittelfinger beider Hände. Mit solchen „Finger-Gänsefüßchen“ markieren manche Zeitgenossen ihre ironischen Bemerkungen. Von der geballten Faust Daumen und kleinen Finger abspreizen und ans Ohr halten bedeutet „Ruf mich an!“ Diese Aufforderung zum Telefonieren ist international geläufig. Mit der gleichen Fingerhaltung den Daumen an die Lippen halten und die Hand aufwärts gegen den Mund kippen, signalisiert – vorwiegend in Italien – eine Einladung, etwas trinken zu gehen.