Der Südliche Zürgelbaum
Celtis australis L.
Im Sommer 2014 von Dr. Wilhelm Mair
Der nach der letzten Eiszeit (sie endete vor ca. 10.000 Jahren) aus dem Mittelmeergebiet längs des Etschtales eingewanderte Südliche Zürgelbaum ist Bestandteil des natürlich gewachsenen Flaumeichenwaldes, der sich besonders an den sonnigen Hängen des Küchelberges, entlang des Tappeinerweges und oberhalb Algund und bis Tirol hinauf ausgebreitet hat. Er ist in Teilen Afrikas, in der Türkei und im Mittelmeerraum beheimatet und erreicht in Südtirol seine Nordgrenze. Der Baum ist anspruchslos und wächst auf steinigen, humus- und nährstoffarmen Böden. Oft begnügt er sich mit einer Felsspalte, was ihm die italienische Bezeichnung „spaccasassi“ (Steinspalter) einbrachte. Er bevorzugt warme und sonnige Standorte, verträgt auch Trockenheit.
Der Südliche Zürgelbaum wird heute in die Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae) gestellt. Früher ist er in die Familie der Ulmengewächse (Ulmaceae) eingereiht worden. Der Name „Zürgelbaum“ geht auf die Bezeichnung „Zürgeln“ für die Früchte zurück und ist der einzige deutsche Baumname, der in Südtirol entstanden ist und erstmals als „zurglpam“ im Jahre 1591 dokumentiert ist. Wegen der brennnesselähnlichen Blätter wird er auch Nesselbaum genannt. Mit dem lateinischen Wort celtis oder celthis benannte Plinius ein in Afrika wachsendes Gehölz, wahrscheinlich die beschriebene Art; Linné hat diesen Namen übernommen und mit australis (lat.) = südlich als Artbezeichnung das natürliche Vorkommen eingegrenzt.
Der Südliche Zürgelbaum ist ein bis zu 25 m hoher sommergrüner Baum und besitzt in der Regel einen hohen, geraden Stamm und eine rundlich gewölbte, oft weitausladende Krone. Die Rinde ist silbriggrau und buchenartig glatt, oft etwas gerunzelt. Die wechselständigen, kurz gestielten Blätter sind unsymmetrisch länglich-eiförmig und laufen in einer langen, leicht zur Seite gebogenen Spitze („Träufelspitze“) aus; der Blattrand ist scharf gesägt. Das Herabhängen der Blätter ist ein Schutz gegen überstarke Besonnung und Wasserverlust. Die Blattoberseite ist dunkelgrün und etwas rauhaarig, die Unterseite ist heller und fein behaart. Die unscheinbaren, zwittrigen Blüten erscheinen im Frühling langgestielt in den Blattachseln. Aus ihnen entwickeln sich die kugeligen Steinfrüchte, die sich von grün über gelb zu braunrot und schwarz verfärben. Die Zürgeln sind eßbar, das Fleisch ist sehr dünn, schmeckt süßlich, jedoch eher fad und hat als Nahrungsmittel wenig Bedeutung. Das Holz ähnelt in seinen Eigenschaften dem der Ulme und wurde zum Herstellen von Blasinstrumenten, Wagenrädern und Ruder sowie für Drechselarbeiten verwendet; als „Tiroler Geißeln“ war es hier ein erfolgreicher Exportartikel, denn aus dem sehr harten und elastischen Holz der Stockausschläge wurden Peitschenstiele angefertigt.
Vorkommen: häufig entlang des Tappeinerweges und an dessen Zugängen, Gilf- und Sommerpromenade, im Elisabeth- und Roseggerpark, im Bahnhofpark, als Straßenbaum an der Gampenstraße und in Sinich, im Texelpark, beim Kindergarten Meran-Stadt, bei der Wenter-Schule u.a.O.
Im Aussehen dem Zürgelbaum ähnlich ist die Kaukasische Zelkove (Zelkova carpinifolia (Pall.) K. Koch). Der natürliche Standort sind die Auwälder am Rande des Kaspischen Meeres (Georgien). Der Baum ist ein schönes Gehölz für städtische Parkanlagen. Er gehört zur Familie der Ulmengewächse (Ulmaceae), unterscheidet sich von den Ulmen und vom beschriebenen Zürgelbaum aber deutlich in der Blattform: Die kleinen, grob gesägten Blätter haben eine nahezu symmetrische Blattspreite. Sie sind kurz gestielt und an der Spitze nur kurz ausgezogen, den Blättern der Hainbuche ähnlich (carpinifolia) und oberseits rau behaart, unterseits nur im Bereich der Nerven. Der Baum bildet eine dichte, eiförmige Krone auf kräftigem Stamm mit buchenartiger, grauer Borke und steil ansteigenden Ästen. Die Herbstfärbung ist gelb, orange- und rotbraun. Wegen der kleinen Blätter wird die Pflanze gerne als Bonsai gestaltet.