Die Umfahrung ist eröffnet!
Im Herbst 2013 von Helmuth Tschigg
Endlich! Am Ende hat es doch nicht zwei, sondern drei Jahre gebraucht, um das erste Baulos der Meraner Nordwestumfahrung fertigzustellen. Über einen Kilometer unterirdisch, nach neuesten Vorschriften und mit allen technischen Errungenschaften ausgestattet – mit diesen Eigenschaften ist ein Meilenstein in der Meraner Tiefbaugeschichte geschaffen worden, der erste Teil eines Jahrhundertwerkes.
Schon allein die Anbindung an die MeBo ist höchste Ingenieurskunst, münden doch die Zufahrten und Abfahrten in einen Kreisverkehr, der genau in der Mitte unter der MeBo-Fahrbahn liegt. Platzsparend, witterungsgeschützt und übersichtlich ist dieser Straßenteil, der dann leicht abfallend in den Tunnel führt. Beim Teilstück, das durch die Algunder Wiesen führt, hat man keine Kosten gescheut und ca. eine Hälfte in offener Bauweise, den Rest in Deckelbauweise als Tunnel gebaut. Nach ca. einem Kilometer ist der Meraner Hauptbahnhof erreicht und auch der mit 28 Metern tiefste Punkt unter der Nullquote. Hier wird das zweite und letzte, viel größere und noch kostspieligere Baulos beginnen: die Untertunnelung der Stadt und der Durchstich durch den Küchelberg. Die Planungen dafür werden bis Jahresende abgeschlossen sein.
Was bisher für die beiden Baulose, die Bauarbeiten und die Anlagen verbaut wurde, hat 51 Millionen Euro gekostet – ohne die Summen zur Verfügung der Verwaltung (MWSt. usw.) – und man höre und staune, die effektiven Baukosten haben die Kostenvoranschläge nicht überschritten. „Die Preisabschläge der Baufirmen haben die Mehrkosten, die durch Varianten für Verbesserungen ausgearbeitet wurden, mehr als ausgeglichen“, sagt Ingenieur Manfred Ebner. „In den 51 Millionen der Hauptausschreibungen sind einige vorbereitende Arbeiten nicht inbegriffen, zum Beispiel die Schutzmauern an der Etsch, verschiedene Stützmauern und auch Bodenuntersuchungen nach möglichen Bomben aus dem Weltkrieg“.
Ing. Manfred Ebner nennt ein paar Zahlen, welche für Techniker bedeutend sein dürften, aber das Vorstellungsvermögen von Laien übersteigen: z. B. wurden für den Aushub des Tunnels 470.000 m³ Erdreich bewegt. Das sind 7.000 LKW-Ladungen und entspricht einer 100 km langen LKW-Kolonne, viermal von Meran bis Bozen. Alle eingesetzten LKW mussten mindestens der Euronorm Abgasklasse 4 (EURO 4) angehören. Zum größten Teil wurde das Aushubmaterial zur Herstellung von Beton und zum Wiederauffüllen verwendet. 83.000 m³ Beton wurden gegossen, mit 9.500 Tonnen Stahl, man könnte sagen das ist das gleiche Volumen wie 80 Zweifamilienwohnhäuser. Mit den 50.000 m² ausgebrachten Asphalt könnte man 7 Fußballfelder asphaltieren. Verlegt wurden auch 26 km Rohre und 40 km Kanäle. In diesen befinden sich 190 km Kabel! Diese versorgen die Beleuchtung, die 12 Längsventilatoren und die diversen Wasserpumpen mit Strom, mit einem Anschlusswert von 370 KW. Dazu kommen noch 470 KW Anschlusswert für die Brandschutzventilatoren, falls diese in Betrieb gehen müssten. Würde der Strom ausfallen, übernehmen innerhalb kürzester Zeit drei Notstromaggregate die Stromversorgung. Die Längsventilatoren gehen in Betrieb, wenn die elektronisch überwachte Luftqualität es erfordert, blasen die verbrauchte Luft in Richtung MeBo hinaus und saugen Frischluft im Bereich des Bahnhofs an. Etwas ganz anderes geschieht im Brandfall: Dann saugen zwei Axialventilatoren über Schächte alle 75 Meter die Rauchgase ab und befördern sie über besondere Kanäle ins Freie. Bei einer Feuerwehrübung mit einem simulierten Ölbrand konnte man feststellen, dass schon wenige Meter neben der Brandstelle die Luft wieder eingeatmet werden konnte. Die Feuerwehr und das Weiße und Rote Kreuz hatten ebenfalls den Einsatz bei einem simulierten Unfall geprobt. Die neuesten Sicherheitsnormen haben auch eine Videoüberwachung notwendig gemacht. Diese ist ununterbrochen mit der Zivilschutzzentrale in Bozen, mit der Feuerwehr in Meran und mit der Stadtpolizei verbunden. Bei Unregelmäßigkeiten werden alle drei Stellen sofort alarmiert.
Im Laufe einer dreijährigen Bauzeit ändern sich nicht nur Gesetze, sondern auch Technologien. „In dieser kurzen Zeit sind die Preise für die LED-Beleuchtungskörper so stark gesunken, dass wir im Rahmen einer Variante mit geringen Mehrkosten ausschließlich die wesentlich Strom sparenderen LED-Lampen verwenden konnten“, sagt ein sichtlich zufriedener Ing. Ebner