Oh du liebe Weihnachtszeit …
Von Bräuchen und Symbolen rund um das schönste Fest des Jahres (Teil 1)
Im Herbst 2017 von Waltraud Holzner
Es geht wohl vielen Menschen so: Die Advent- und Weihnachtszeit weckt Erinnerungen an Kindheit und Elternhaus. Die meisten Familien haben ihre eigenen Gebräuche und Rituale, an denen, koste es was es wolle, festgehalten wird und die als verlässliche Quelle der Freude oder auch des Missfallens betrachtet werden.
Zum Beispiel die von Großmutter weihnachtlich bestickte Decke. Jedes Jahr wird sie am 1. Adventsonntag über die alte Truhe gebreitet und der Adventkranz darauf gelegt – ein Augenschmaus, der die allgemeine Erwartung bestätigt. Anderseits Tante Finis Feigenbrot. Auch dieses trifft pünktlich am ersten Adventsonntag samt der Tante ein, um die Familie festtäglich zu laben, und auch dieses und diese bestätigen die allgemeine Erwartung. Das Brot schmeckt fad und ist aschtrocken, ganz wie die Tante. Und doch, wenn einmal die Fini keinen Feigenwecken mehr bringen und mit ihrem Rezept die himmlischen Heerscharen im besseren Jenseits beglücken wird, dann, glaubt mir, wird dieser Familie etwas fehlen.
Adventkranz und Adventkalender
In nordischen Ländern gab es einen aus heidnischen Zeiten stammenden Brauch: Zur Wintersonnenwende wurden Strohgarben zu Reifen gebunden, mit Immergrün umwunden und mit Lichtern besteckt. Reifen und Ring üben einen Abwehrzauber gegen böse Geister aus und sind magische Symbole für das Ewige, Vollkommene. Das Grün bedeutet Hoffnung auf neues Leben im Kreislauf der Natur. 1839 bastelte der Hamburger Pfarrer Johann Hinrich Wichern für seine Zöglinge im Waisenhaus einen Holzring mit 23 Kerzen. Erst um 1900 hat sich der aus Tannenreis hergestellte und mit vier Kerzen bestückte Adventkranz im deutschen Sprachraum verbreitet.
Die Kinder warten mit Ungeduld auf den Hl. Abend, das war wohl immer so. In der Zeit des Barock wurden in Klöstern Himmelsleitern aus Papier oder Holz angefertigt. Eine kleine Engelsfigur steckte man zwischen die Stufen, jeden Tag eine tiefer, bis am 25. Dezember die Erde, wo Christus Mensch geworden war, erreicht war. Ideenreich war man im 19. Jh.: Auf einen Karton wurde eine Landschaft aufgemalt, 24 Figuren mussten ausgeschnitten und im Laufe des Advents aufgeklebt werden. Eine einfache Methode war es, 24 Kreidestriche an die Türe zu zeichnen und täglich einen zu löschen. Es gab auch bemalte Papierstreifen, Adventuhren und Kerzen mit Tageseinteilungen. Diese liebevoll angefertigten Zeitmesser wurden anfangs des 20. Jhs. von Fabriksware abgelöst, als das Kirchen- und Familienfest seine dritte Dimension bekam und zum Konsumfest wurde. Heute gibt es unendlich viele, auch sehr herzige Varianten von serienmäßig hergestelllten Erzeugnissen, mit und ohne süßem Inhalt. Aber die reizendsten und originellsten Adventkalender sind noch immer jene, die mit lieben Gedanken von geschickten Händen gebastelt werden.
Sankt Nikolaus und der Krampus
Der heilige Nikolaus von Myra lebte im 4. Jh. als Abt des dortigen Klosters Sion. Jetzt ist er im Himmel, den er sich redlich verdient hat, denn er hat viel Gutes getan. So befreite er unschuldig Gefangene aus dem Kerker, schenkte drei armen Mädchen Gold, damit sie ehrbar heiraten konnten, beschützte Schiffer in Seenot und erweckte sogar drei von einem Wirt zerstückelte und schon eingepökelte Schüler wieder zum Leben. Aus himmlischen Sphären engagiert er sich noch heute für die Menschen und so wird er zu den 14 Nothelfern gezählt. Er wird als Patron der Gefangenen, Bäcker, Apotheker, Schiffer, Kaufleute, Juristen und vor allem der Kinder und Schüler, auch der nicht eingepökelten, verehrt. Die mit Sankt Nikolaus verbundenen Bräuche gehen auf die seit dem 13. Jh. am 6. Dezember in Klosterschulen gefeierten Bischofsspiele zurück. Dabei übernahm ein Knabe für einen Tag die Rolle des Heiligen und durfte Gaben verteilen. Mit diesem Spiel waren Umzüge verbunden, die bald auch weltliche Verbreitung fanden. Der Krampus und ähnliche grausliche Teufelsdarsteller begleiteten den heiligen Mann. Am Anfang verkörperten sie wohl die bösen Mächte, die der Heilige mühelos, nur mit seinem gütigen Blick, im Zaum halten konnte. Aber allmählich entwickelten sie sich zu Schreckgestalten für Kinder, die nicht pausenlos brav gewesen waren. Heute ziehen ganze Horden von Krampusdarstellern in höllischem Outfit durch die Dörfer, aber sie müssen sich zahm und sittsam verhalten. Darüber wacht die Polizei.