Vaterland auf Kanzlersuche
Im Winter 2021 von Der Stieglitz
Stieglitz fliegt wie so oft eine Runde über Meran, als er plötzlich lautes Wehklagen vernimmt. Herzzerreißende Verse. Also setzt er sich auf einen Ast und lauscht.
Schon wieder steht Verlust zu Buche,
das Vaterland auf Kanzlersuche.
Jetzt fehlt er mir, der Doppelpass,
hätt‘ ich ihn, das wäre Klass‘!
Andrerseits ist es zu spät,
dass der Kurz jetzt endlich geht.
Ich hab‘ mit der Vergangenheit gebrochen,
mich dem Edelweiß versprochen,
mir ist zum Weinen, nicht zum Lachen,
kann nicht Bundeskanzler machen,
weil in Meran, wo man mich kennt,
bin ich Gemeindepräsident.
Stieglitz erwacht mit Tränen in den Augen. Er hat nur geträumt, doch kommt ihm eine Idee. Er besorgt sich eine rotweißrote Schleife und flattert damit nach Wien. Das dauert einige Tage, und als er endlich sein Ziel erreicht, muss er feststellen, dass die vakante Kanzlerstelle schon wieder besetzt ist. Aber Stieglitz ist Realist. Jetzt sitzt er auf einem Baum in der Nähe des Ballhausplatzes und wartet. Länger als zwei, drei Monate kann es nicht dauern, bis er an die Reihe kommt.