Europa feiert Beethoven
Im Frühling 2024 von Dr. Luis Fuchs
Auf Initiative des Senders ARTE wurde im Rahmen eines Fernsehprojektes am 7. Mai Beethovens 9. Symphonie in vier europäischen Städten von Spitzenorchestern aufgeführt. Aus dem Wiener Konzerthaus übertrug der ORF III die von den Wiener Symphonikern gespielte Symphonie, wobei der berühmte letzte Satz mit der „Ode an die Freude“ vom Chor der Wiener Singakademie vorgetragen wurde. Anlass hierzu war das Gedenken an die Uraufführung Beethovens „Neunter“ vor genau 200 Jahren am 7. Mai 1824.
Die 9. Symphonie war das letzte große Werk Beethovens. Der Komponist kämpfte in dieser Zeit mit Krankheit, Isolation und Depressionen. Es war eine Zeit, in der es für ihn buchstäblich keine Klänge mehr gab, er war nämlich völlig taub. Trotzdem arbeitete er mit Besessenheit an der Komposition. Die Uraufführung 1824 machte beim Wiener Publikum gewaltigen Eindruck, nicht zuletzt wegen des Finales mit Gesangssolisten und gemischtem Chor; hierfür hatte Beethoven einige Strophen aus Friedrich Schillers Gedicht „An die Freude“ ausgewählt. Beeindruckend ist, wie es Beethoven gelingt, eine Verknüpfung von Himmel – „überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen“ – und Erde – „alle Menschen werden Brüder“ – in einer Doppelfuge darzustellen. Auf tiefsinniges Fragen „Ahnest du den Schöpfer, Welt?“ folgt die Antwort „Such ihn überm Sternenzelt!“ Die Darbietung wurde von den enthusiastischen Ausrufungen des Publikums mehrmals unterbrochen“, schrieb ein Kritiker nach der Uraufführung in Wien.
Im Jahre 1972 wurde das Hauptthema des letzten Satzes der „Neunten“ vom Europarat zu seiner Hymne erklärt und 1985 von der Europäischen Gemeinschaft als offizielle Europahymne übernommen. Es hatte verschiedene Textvorschläge gegeben, u. a. eine Esperanto-Übersetzung und einen lateinischen Text, womit man das Problem der unterschiedlichen Amtssprachen zu lösen versuchte. Schlussendlich einigte man sich auf eine Hymne ohne Worte, nur in der universellen Sprache der Musik, welche die europäischen Werte Freiheit, Frieden und Solidarität zum Ausdruck bringen sollte. Mit der Einspielung für die Fassung ohne Text wurde Herbert von Karajan beauftragt. Die europäische Hymne soll die Nationalhymnen der EU-Länder nicht ersetzen; sie erklingt bei offiziellen Feierlichkeiten unter Beteiligung der Europäischen Union.
Beethovens Neunte ist heute eines der populärsten Werke der klassischen Musik. Wir können Beethovens Meisterwerk auch einfach nur genießen. Das tun viele Japaner, bei denen Aufführungen der 9. Symphonie mit Amateur-Chören zu den Traditionen rund um den Jahreswechsel gehören. Die größten solcher Konzerte finden in Osaka mit insgesamt 10.000 Sängerinnen und Sängern statt.