In kleinen Schritten zurück zur Natur
Im Sommer 2024 von Dr. Luis Fuchs
Am Hafen von Olbia war vor Kurzem eine Familie aus Südtirol gerade beim Einchecken nach Livorno, als ein Security-Mann in deren Gepäck weiße und bunte Steine vom Strand entdeckte. Aufgrund eines Regionalgesetzes ist die Mitnahme von Steinen und Sand von den Stränden und Buchten Sardiniens verboten. Der Familie droht nun eine Geldstrafe von 500 bis 3.000 Euro. Vermutlich war die Familie in Unkenntnis des Gesetzes.
In den französischen Seealpen liegt innerhalb des Mercantour-Nationalparks das „Vallée des Merveilles“, also das „Tal der Wunder“. Als wir zu dieser idyllischen Berglandschaft aufbrechen wollten, machte man uns auf das Verbot aufmerksam, mit Trekking-Stöcken zu wandern. Im Nationalpark trifft man nämlich auf Felszeichnungen, die Bauern und Schäfer vor rund 4.000 Jahren angebracht hatten. Die französischen Parkwächter achten penibel darauf, dass rücksichtslose Besucher die Spuren der frühen Siedler nicht beschädigen. Auch in Südtirol sind Mineralien und Fossilien durch Landesgesetz geschützt, ein Abbau ist nur Personen erlaubt, die im Besitz einer Ermächtigung der Südtiroler Landesregierung sind.
Im Juni 2024 haben 15 Mitgliedsstaaten für das „Renaturierungsgesetz“ des EU-Rates gestimmt; dabei war die Zustimmung der österreichischen Umweltministerin Leonora Gewessler ausschlaggebend. Das EU-Gesetz sorgt für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in allen Mitgliedsstaaten. Unter dem Titel „Zurück zu den Wurzeln“ listet Andrej Werth im Wochenmagazin ff vorgesehene konkrete Ergebnisse der Rückführung in einen naturnahen Zustand auf: Europas Städte sollen grüner, die Wälder gesünder, die Flüsse frei fließender, Wiesen artenreicher und das Insektensterben soll gestoppt werden.
Felix Neureuther, Deutschlands erfolgreichster Skirennläufer, widmet sich seit vielen Jahren dem Schutz der Berge und dem Erhalt der Naturschönheiten. „Die großen globalen Herausforderungen können wir nicht lösen, doch es gibt vielfältige Möglichkeiten, etwas im Kleinen zu bewegen“, ist Neureuther überzeugt. Im unlängst veröffentlichten Buch „Das Erbe der Alpen“ erzählt er von vielen außergewöhnlichen Menschen, die durch innovative Ideen vorleben, wie es gehen kann. Unter weiteren Musterbeispielen stellt er die Familie der Waltraud Schwienbacher vor, die in St. Walburg auf 1.200 Metern ü. d. M. ihr „Kräuterreich Wegleit“ aufgebaut hat. Er berichtet auch von der ehemaligen Hutmacherfamilie Zacher in Innichen, die sich mittlerweile zum „Alpine Wool Handcraft Haunold by Zacher“ entwickelt hat. Wolle aus den Alpen wird hier gefilzt und zu verschiedenen Produkten verarbeitet, von Socken über Sitzkissen bis hin zu Pantoffeln.