„Der Landtag ist eine eigene Welt mit eigenen Regeln“
Im Frühling 2024 von Eva Pföstl
Rund hundert Tage nach dem Start der neuen Landesregierung haben wir Madeleine Rohrer, die zum 1. Mal für die Grünen in der Opposition im Landtag vertreten ist, zum Gespräch getroffen.
MS: Frau Rohrer, Sie haben Ihre Kompetenz und Ihre Standhaftigkeit in den letzten Jahren bewiesen, sowohl in der Meraner Gemeindepolitik als auch als Geschäftsführerin von Südtirols größtem Naturschutzverband. Wie haben Sie sich ins Alltagsgeschäft als Landtagsabgeordnete eingelebt? Fiel es Ihnen schwer?
M. Rohrer: Es ist sicher eine Herausforderung – aber eine, die Spaß macht. Die tägliche Arbeit ist viel kleinteiliger und komplexer, als man es in der Zeitung liest. Dazu kommt der Zeitdruck. Aber ich darf mich jetzt mit vielen interessanten Themen beschäftigen, die weit über Natur- und Klimaschutz hinausgehen. Und ich besuche immer wieder Menschen und Orte in ganz Südtirol. Das ist spannend und gibt mir Einblicke in meine Heimat, die ich vorher nicht hatte.
MS: Welchen Eindruck haben Sie nach den ersten Monaten von unserem Landesparlament?
M. Rohrer: Der Landtag ist eine eigene Welt mit eigenen Regeln. Manchmal bin ich entsetzt, wenn einige Abgeordnete nur Parolen liefern, statt inhaltlich zu argumentieren. Oder wenn sie ihr Mandat so wenig ernst nehmen, dass sie nicht einmal in den Ausschüssen mitarbeiten wollen, in denen Gesetze gemacht werden. Aber meistens bin ich einfach dankbar für diese inhaltlich und persönlich sehr bereichernde Aufgabe.
MS: Die neue Landesregierung hat nicht gerade einen fulminanten Start hingelegt. Wie haben Sie das miterlebt?
M. Rohrer: Südtirol war für mich bisher immer ein Land mit einer weltoffenen, europäischen und zukunftsorientierten Politik. Die Entscheidung des Landeshauptmanns und der SVP, gleich drei rechtspopulistische Parteien in die Regierung aufzunehmen, ist ein Schritt zurück.
MS: Worauf haben Sie in den letzten Monaten in Ihrer neuen Position den größten Fokus gelegt?
M. Rohrer: Einer meiner ersten Vorschläge im Landtag für leistbares Wohnen wurde gleich angenommen, nämlich, dass das Land stärker kontrolliert, ob konventionierte Wohnungen auch wirklich an Menschen vermietet werden, die darauf Anspruch haben und das ganze Jahr hier leben und arbeiten. Gerade in Tourismusgemeinden werden geförderte Wohnungen oft stattdessen teuer an Gäste vermietet – ein Unding. Derzeit arbeite ich an einem Vorschlag für ein Klimaticket: alle Züge, Busse und Seilbahnen in Südtirol für 100 Euro im Jahr. Das würde eine nachhaltige Mobilität fördern und die Südtiroler Familien ebenso entlasten wie die Straßen.
MS: Peter Brunner soll als neuer Landesrat das Chaos in Südtirols Raumordnung beseitigen und zudem den Weg zur Klimaneutralität ebnen. Was trauen Sie ihm zu?
M. Rohrer: Ich wünsche mir für unser Land, dass er die Zeichen der Zeit erkennt. Die Ressourcen der Natur sind nicht unendlich, wir müssen jetzt handeln. Das Verwaltungsgericht hat gerade festgestellt, dass der Klimaplan des Landes nicht ausreicht, um den klimaschädlichen Torfabbau zu verhindern. Unser Land braucht endlich ein Klimagesetz.