Der Tod ist in ihrem Leben ein ständiger Begleiter
Im Sommer 2022 von Eva Pföstl
Unsere eigene Sterblichkeit wird im alltäglichen Leben oft verdrängt. Aber auch die Bedürfnisse Sterbender und deren Angehöriger werden meist nicht bewusst wahrgenommen. Genau da setzt die Hospizbewegung der Caritas seit 25 Jahren an. Ehrenamtliche der Hospizbewegung unterstützen und entlasten Angehörige, begleiten Menschen bis zum Abschied aus dem Leben und lassen Trauernde danach nicht alleine.
Irene Volgger ist Koordinatorin der Caritas Hospizbewegung in Meran. Der Tod ist ständiger Begleiter in ihrem Leben.
MS: Frau Volgger, haben Sie Angst vor dem Tod?
I. Volgger: Auch wenn der Tod in der Arbeit beinahe täglich thematisiert wird, so ist mein Respekt vor der leiblichen Endlichkeit hoch. Der Prozess des Loslassens von meinen Lieben, von Beziehungen, von Lebenskonzepten wird wohl nicht leicht sein. Auch wenn ich weiß, dass mit jedem Loslassen ein Stück Freiheit, Leichtigkeit und Unabhängigkeit einhergeht.
MS: Was macht das Sterben für uns so schwierig?
I. Volgger: Sich mit der eigenen Endlichkeit zu befassen, ist für uns Menschen sicher ein ganz großer Schmerz und eine große Herausforderung.
MS: Gibt es Patentrezepte, um jemandem die Angst vor dem Sterben zu nehmen?
I. Volgger: Nein, es gibt kein Patentrezept! Sterben und Tod gehören zu den spirituellsten Auseinandersetzungen der Menschen und begleitet uns seit Jahrtausenden, dennoch ist das Sterben ein zutiefst eigener, persönlicher Prozess. Es hilft den Betroffenen, wenn sie wissen, dass sie – auch von der Hospizbewegung – gut begleitet werden und nicht alleine sterben müssen.
MS: In dem Moment, in dem ein Mensch das Leben verlässt: Gibt es etwas, das bei allen gleich ist?
I. Volgger: Wir erleben öfter, dass der Moment, wo eine Person verstirbt, als etwas Heiliges erlebt wird. So als ob die Zeit für Augenblicke stehen bleiben würde.
MS: Welche Rolle spielen Glaube und Spiritualität am Ende des Lebens, was ist Ihre Erfahrung?
I. Volgger: Glaube und Spiritualität können den Menschen helfen, „die letzte Reise“ leichter zu gehen. So als ob sie in ein Ziel hineinsterben würden.
MS: Reden wir zu wenig über den Tod?
I. Volgger: Ja, wir reden zu wenig über den Tod. Er ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu!
MS: Lassen wir Trauer ausreichend zu?
I. Volgger: Wir sind der Trauer gegenüber zwar etwas offener geworden, doch zu lange sollten wir uns nicht damit beschäftigen, dann sollten die Trauernden wieder den Alltag leben. Für viele eine enorme Überforderung.
MS: Wie sind Sie zur Hospizbewegung gekommen?
I. Volgger: Nach meinem Studium der Psychologie begann ich bei der Caritas Hospizbewegung als Koordinatorin zu arbeiten. Ich darf dankbar immer wieder die Erfahrung machen, dass die Allgegenwärtigkeit des Todes mir gleichzeitig intensive menschliche Momente des Lebens offenbart.
MS: Wie läuft eine Trauerbegleitung in der Regel ab?
I. Volgger: Die Begleitung beginnt mit einem Erstgespräch, der weitere Verlauf wird abgeklärt und als Einzel- oder Gruppenbegleitung weitergeführt. Kein Zeitdruck, reden dürfen – immer und immer wieder, mitfühlend begleitet werden, das ist unser erklärtes Ziel.