Interview mit Sr. Elisabeth Pfattner
Provinzoberin der Barmherzigen Schwestern und Ärztin an der Privatklinik Martinsbrunn
Im Frühling 2013 von Margareth Bernard
Meraner Stadtanzeiger: Seit wann stehen Sie der Schwesterngemeinschaft der Barmherzigen Schwestern vor?
Sr. Elisabeth Pfattner: Ich leite die Gemeinschaft von Meran seit Oktober 2011. Wir gehören zur Kongregation der Barmherzigen Schwestern von Innsbruck. Dort befindet sich unser Mutterhaus. Unser Provinzhaus ist hier in Gratsch. Eine andere Kongregation von Barmherzigen Schwestern hat ihren Sitz in Zams. Diese Schwestern leiten zum Beispiel das Jesuheim in Girlan und haben ihr Provinzhaus in Gries/Bozen.
Stadtanzeiger: Wie entstand das Provinzhaus von Meran?
Sr. Elisabeth Pfattner: In den 1920er-Jahren standen die aus Südtirol stammenden Schwestern, die italienische Staatsbürgerinnen geworden waren, vor der Entscheidung, zurück nach Österreich zu gehen oder hier ein Provinzhaus zu gründen, um im Land bleiben zu können. So wurde die Provinz samt Leitung gegründet, die ihren Sitz im obersten Stock des Bozner Krankenhauses hatte. Die Schwestern behielten ihre Arbeitsstellen im Krankenhaus. 1941 übersiedelten die Schwestern und die Leitung nach Gratsch. Die erste Filiale der Schwestern, die 1841von Innsbruck aus in Südtirol gegründet wurde, befand sich in Kaltern. Vor wenigen Wochen haben wir die letzte dort lebende Schwester zu uns nach Meran geholt. Somit ist das Haus dort nach 172 Jahren ohne Barmherzige Schwestern. Die Kongregation in Innsbruck gibt es seit dem Jahre 1838. Den Orden gründeten Vinzenz von Paul und Luise de Marillac bereits im Jahre 1633.
Stadtanzeiger: Welches sind die Ordensziele der Barmherzigen Schwestern?
Sr. Elisabeth Pfattner: Der Orden setzte sich die Armen- und Krankenpflege zum Ziel. Somit gab es unter den Schwestern immer vor allem Krankenschwestern und Altenpflegerinnen, aber auch Lehrerinnen, Kindergärtnerinnen und Religionslehrerinnen. Armut hat ja viele Gesichter und die Option für die Armen ist grundlegend für die Barmherzigen Schwestern.
Stadtanzeiger: Sie sind Ärztin, ist das eine Ausnahme?
Sr. Elisabeth Pfattner: Ja, das ist eine Ausnahme. Ich verdanke meine Ausbildung zur Ärztin einer weitsichtigen und großzügigen Provinzoberin, die mir das Studium ermöglichte. Heute bin ich die jüngste Schwester hier im Kloster, obwohl ich auch schon alt bin (lacht).
Stadtanzeiger: Wie viele Schwestern sind noch in Martinsbrunn?
Sr. Elisabeth Pfattner: In Martinsbrunn selbst leben 21 Schwestern, aber zum Provinzhaus gehören 78 Schwestern. Von den Schwestern in Martinsbrunn sind sechs pflegebedürftig und werden von Mitschwestern gepflegt.
Stadtanzeiger: Bereiten Ihnen die Umbaupläne für die Klinik Sorgen oder überwiegt die Freude?
Sr. Elisabeth Pfattner: Natürlich auch Sorgen. Aber der Umbau gibt dem Haus eine Zukunft, und das allein zählt. Sobald diese gesichert ist, können wir uns unbesorgt zurückziehen. Die Führung liegt ja jetzt schon in anderen, guten Händen, wir sind nur noch die Besitzer und die Letztverantwortlichen. Für die Leitung eines solchen Betriebes würde uns die Kompetenz fehlen.