Nachhaltigkeit ist in aller Munde, Raiffeisen hingegen hat es in den Genen!
Im Herbst 2021 von Eva Pföstl
Wie entwickeln sich die Zinsen in den kommenden Jahren und werden in Südtirol bald Negativzinsen verlangt? Diese zentralen Fragen stellen sich alle, die Geld anlegen möchten. Dr. Josefkarl Warsin, Direktor der RAIKA Meran, verrät im Interview seine Prognosen für die nächsten Jahre. Außerdem sprechen wir mit ihm über die Besonderheiten der RAIKA als Genossenschaftsbank, den Stellenwert von nachhaltigem Engagement, über die Digitalisierung und die Herausforderungen im Bankwesen.
MS: Eine erste Frage, die sich viele stellen, die Geld anlegen möchten: Wie entwickeln sich die Zinsen in den kommenden Jahren?
J. Warasin: Wir müssen davon ausgehen, dass die Zinsen längere Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau bleiben. Niemand in der westlichen Welt traut sich, an der Zinsschraube ernsthaft zu drehen, sowohl um den wieder gut angesprungenen Wirtschaftsmotor nicht abzuwürgen als auch um die Staatshaushalte neben den Pandemiekosten nicht noch zusätzlich mit Zinskosten zu belasten.
Wir sind seit Jahren bemüht, unseren Kunden eine Renditemöglichkeit durch Beimischung von Investmentfonds und anderen indirekten Anlageprodukten zu ermöglichen, das Konzept der genossenschaftlichen Beratung hilft hier Vorurteile und Sorgen abzubauen; viele unserer Kunden haben zeitgemäß investiert und sind sehr zufrieden damit.
MS: Haben Sie Befürchtungen, dass die Inflation langfristig steigen wird?
J. Warasin: Das Thema Inflation wird zwar im Moment auf den Märkten etwas deutlicher gespielt als bisher und die EZB hat auch ihr Inflationsziel etwas anders definiert, ich gehe aber davon aus, dass von dieser Seite kein Druck auf das Zinsgefüge kommt.
MS: Immer mehr große Banken in Europa sprechen sich für die Einführung von Negativzinsen aus. Gehören solche „Strafzinsen“ für Südtiroler Sparer bald zum Alltag und wenn ja, ab welcher Höhe der Spareinlage?
J. Warasin: Aktuell gibt es meines Wissens in Südtirol noch keine Bank, die einen negativen Einlagenzins, ein sogenanntes Verwahrentgelt, verrechnet.
Auf Seiten der privaten Sparer rechne ich auch zukünftig nicht damit, bei Firmenkunden könnte es aber sehr wohl demnächst dazu kommen, dass nationale Player zu dieser Maßnahme greifen. Das Thema hängt natürlich davon ab, wie sich das Zinsniveau nun tatsächlich entwickelt.
MS: Was bedeutet nachhaltiges Banking für die Raiffeisenkasse Meran?
J. Warasin: Nachhaltigkeit ist in aller Munde, Raiffeisen hingegen hat es in den Genen! Wir gestalten den lokalen Kreislauf der Einlagensammlung und der Reinvestition dieser Gelder in Meran und Hafling.
Bei der Veranlagung der Kundengelder bieten wir eine Vielzahl sogenannter nachhaltiger Fonds an und bieten mit ethical banking darüber hinaus auch noch eine lokale Sparform an, deren Gelder dann 1 zu 1 in den vorgegebenen Projekten in Südtirol landen.
Auch hausintern ist Nachhaltigkeit bei uns ein großes Thema, egal ob es um die Beschaffung verschiedener Arbeitsmaterialien geht oder um die Senkung des CO2-Abdrucks bei Mobilität oder Gebäudemanagement.
MS: Die RAIKA Meran ist eine lokale Genossenschaftsbank. Worin unterscheidet sie sich von anderen herkömmlichen Banken?
J. Warasin: Unser Auftrag als Unternehmen ist ein ganz anderer, wir unterliegen nicht dem „Gesetz“ der Gewinnmaximierung, sondern müssen nur so viel Ertrag erwirtschaften, um unserem Auftrag, den lokalen Wirtschaftskreislauf zu stützen und die wirtschaftliche Entwicklung unseres Gebietes zu fördern, nachkommen zu können. Ein nicht unwesentlicher Teil fließt wieder zurück an die Bevölkerung in Form von Spenden und Sponsoring, wo wir schon immer sehr aktiv waren.