Samuel de Chiara: Der Traum von Rio 2016
Im Winter 2015 von Sascha Laimer
Nach ansprechenden Erfolgen bei Turnieren in aller Welt kann sich der junge Meraner Hoffnungen auf einen Startplatz bei den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro machen. Seit seiner Geburt leidet Samuel de Chiara an Hemiparese, einer unvollständigen Lähmung einer Körperseite. Wie Samuel nach zehn Jahren zum Behindertensport kam und warum er einen guten Kontakt zu russischen Spielern hat, erfahren Sie in unserem exklusiven Interview.
Meraner Stadtanzeiger: Samuel, vor drei Jahren hast du den Schritt zum Behindertensport gewagt. Wie kam es dazu?
Samuel: Durch Zufall bekam ich eine Anfrage des Nationaltrainers, einige Zeit später bestritt ich mein erstes nationales Para-Tischtennisturnier in Neapel, wo ich sofort ins Halbfinale kam. Aufgrund des Erfolges fiel die Entscheidung für den Behindertensport.
Stadtanzeiger: Wie war die Umstellung, sich von nun an mit körperlich beeinträchtigten Spielern zu duellieren?
Samuel: Am Anfang war es schon etwas komisch und ungewohnt. Ich muss gestehen, dass ich zu Beginn sogar Mitleid mit einigen meiner Kontrahenten hatte, da sie teils sehr eingeschränkt waren. Natürlich ist das komplette Spiel anders ausgerichtet, es ist viel taktischer und man muss deshalb mehr mit Köpfchen spielen.
Stadtanzeiger: Du startest in der Klasse 8. Was bedeutet dies genau?
Samuel: Im Paralympischen Tischtennisverband gibt es 10 unterschiedliche Klassen. Klasse 1 bis 5 sind die Sportler im Rollstuhl. In den Klassen 6 bis 10 wird im Stehen gespielt. Ich wurde nach einigen Untersuchungen in die 8. Klasse eingeschrieben, das bedeutet laut Internationalem Verband: „Sportler mit mäßig unwillkürlichen Bewegungen, die eine starke Behinderung in einem oder beiden Beinen haben.“
Stadtanzeiger: Du startest weltweit bei Turnieren. Wie kann man sich diese Wettkämpfe vorstellen?
Samuel: Es sind Turniere des Internationalen Verbandes. Es gibt schwächer gesetzte Turniere, wo es weniger Punkte zu holen gibt und stärkere Turniere mit mehr Punkten. Gespielt wird zuerst in Gruppen und später im Play-off-Modus.
Stadtanzeiger: Nach erfolgreichen Turnieren in Rumänien, Spanien und Frankreich bist du im letzten Jahr sogar nach Buenos Aires gereist. Wie kam es dazu?
Samuel: Ich habe mir den internationalen Turnierplan angeschaut und bin so auf das Turnier in Argentinien gestoßen. Mein Vater war zuerst über meine Idee überhaupt nicht erfreut, jedoch nach kurzer Zeit teilte er meine Euphorie und so reisten wir beide nach Buenos Aires.
Stadtanzeiger: Und ihr seid nicht mit leeren Händen zurückgekommen.
Samuel: Genau, ich feierte sogar meinen ersten Sieg auf internationalem Parkett. Ich gewann den Team Event (Anm. d. R. gleichzusetzen mit dem Davis Cup im Tennis, vier Einzel und ein Doppel) mit meinem russischen Partner Atem Lakowlew und kam im Einzel immerhin ins Viertelfinale.
Stadtanzeiger: Wie kam es zur Partnerschaft mit dem Russen?
Samuel: Normalerweise spielen immer zwei Spieler des gleichen Landes miteinander, jedoch bin ich als einziger Italiener meiner Klasse nach Argentinien gereist, so musste ich mir schnell einen Partner aussuchen und die Wahl fiel auf den jungen Russen, da er mich beim letzen Turnier schlug.