Unsichtbare Heldinnen
Frauenfront im 1. Weltkrieg
Im Herbst 2014 von Margareth Bernard
Am 12. Dezember um 19.00 Uhr eröffnet das Frauenmuseum in Meran eine Ausstellung über das Schicksal der Frauen im 1. Weltkrieg, die in den Kriegsjahren in der Heimat die Aufgaben ihrer an der Front kämpfenden Männer übernehmen mussten.
Gezeigt werden originale Objekte, großflächige Fotos aus dem Stadtarchiv, Auszüge aus Zeitungsobjekten und Dokumente aus den Kriegsjahren, die das Leben der Frauen während des Krieges widerspiegeln.
Die Historikerin Marion Ladurner (Jahrgang 1990) aus Algund ist eine der Kuratorinnen der Ausstellung. Sie absolviert zurzeit ein Masterstudium in Archivwissenschaften in Wien.
Meraner Stadtanzeiger: Wie ist es zur Mitarbeit an dieser Ausstellung gekommen?
Marion Ladurner: Die Abschlussarbeit zum Bachelor-Studium in Geschichte, mit Schwerpunkt Erster Weltkrieg, in Florenz schrieb ich über die Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung in Meran, wobei es um viele Frauenthemen ging. Danach absolvierte ich ein Praktikum im Stadtarchiv in Meran, wo ich in engen Kontakt mit Archivalien über den Ersten Weltkrieg kam. Beim darauffolgenden Praktikum im Frauenmuseum kam die Sprache auf die geplante Ausstellung, für die ich nun meine Kenntnisse aus dem Studium und meine Erfahrungen im Stadtarchiv einbringen kann. Daraufhin begann die gemeinsame Arbeit, gewollt und gefördert auch von der Landesabteilung für Museen.
Stadtanzeiger: Wurde das Thema „Frauen im Krieg“ bisher aus der Aufarbeitung der damaligen Ereignisse ausgespart?
Marion Ladurner: Früher war das sicher so, doch in den letzten Jahren ist in diesem Bereich viel geschehen. In den originalen Archivunterlagen trifft man natürlich, durch die Abwesenheit der Männer, hauptsächlich auf alte Menschen, Kinder und Frauen. Dennoch gibt es darin keine frauenspezifische Aufarbeitung der Thematik. Gerade weil lange Zeit nicht untersucht wurde, was der Krieg für diese Frauen für Folgen hatte, finde ich es ein wichtiges Thema, das wir bei dieser Ausstellung einmal genauer beleuchten können. Zurzeit wird das Thema Frauen und Krieg aber vermehrt aufgegriffen, zum Beispiel für Publikationen und auch an den Universitäten.
Stadtanzeiger: Es gab jene Frauen, die zuhause auf dem Hof die Arbeit der Männer übernahmen, und es gab die, welche die Arbeitsplätze der Männer einnahmen. Geht es in der Ausstellung um beide Gruppen von Frauen?
Marion Ladurner: Ja. Wir thematisieren einerseits die Frau in Landwirtschaft und Haushalt während der Abwesenheit des Mannes – also ihre Arbeit im Obst- und Weinbau, die Beschaffung der Lebensmittel, die Erziehung der Kinder – und als zweiten Schwerpunkt die neuen Berufe der Frau. Da gab es in Meran Tramfahrerinnen, Kaminkehrerinnen und sogar eine Frauenfeuerwehr. Außerdem geht es um Soldatinnen, die, verkleidet als Männer, bis an die Front kamen. Also wir versuchen, alle Tätigkeiten der Frauen im Krieg zu beleuchten.
Stadtanzeiger: Hat der Einsatz der Frauen diese in Richtung Gleichberechtigung weitergebracht oder war die Zeit damals – in den 20er-Jahren – noch nicht reif dafür?
Marion Ladurner: Da muss man differenzieren. Einerseits gab es viele neue Aufgabenbereiche für die Frauen im Krieg, aber andererseits stellt sich die Frage, ob das nicht eine doppelte Belastung für sie war und ob das überhaupt als positive Errungenschaft gesehen werden kann. Und bei der Rückkehr der Männer wurden die Frauen aus ihrer neu errungenen Position wieder verdrängt. Was das Wahlrecht für Frauen betrifft, wurde dieses in Österreich und Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt, in Italien aber erst im Jahre 1946. Eigentlich gab es nach dem Krieg für die Stellung der Frau in der Gesellschaft einen Rückschritt, denn unter dem Faschismus wurde die Frau wieder aus dem öffentlichen Bereich in ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zurückgedrängt. In der Ausstellung gibt es einen Raum für die kritische Aufarbeitung genau dieser Frage, mit verschiedenen Texten, die zum Denken anregen und eine Möglichkeit zur Diskussion bieten.
Stadtanzeiger: Welche Rolle der Frau, die sie bereits im Ersten Weltkrieg einnahm, hat sich denn im Zweiten Weltkrieg fortgesetzt.
Marion Ladurner: Meran wurde wegen des milden Klimas schon im Ersten Weltkrieg als Genesungsort für verwundete Soldaten ausgewählt. Deshalb wurden viele Frauen aus der Stadt und der Umgebung als Krankenschwestern ausgebildet. Als Meran dann im Zweiten Weltkrieg zur Lazarettstadt wurde, wurden erneut Frauen zur Pflege der verwundeten Soldaten eingesetzt. Mehr oder weniger das gesamte Personal, das vorher in den Hotels seinen Arbeitsplatz hatte, wurde dann in den Lazaretten eingesetzt.