Braucht es denn so viel Licht?
Im Winter 2021 von Dr. Luis Fuchs
Die Lichtverschmutzung in Südtirol wird in Zukunft durch neue Maßnahmen eingeschränkt, hat Arno Kompatscher angekündigt. Das Licht ist überall dort abzuschalten, wo es keinen praktischen oder sicherheitstechnischen Nutzen erfüllt. So sind Schaufensterbeleuchtungen nach Geschäftsschluss und Beleuchtung von Bau- und Kunstdenkmälern während der Nachtstunden auszuschalten. Dass damit Energie eingespart wird und die Lichtverschmutzung verringert wird, leuchtet ein. Hobbyastronomen haben bessere Sicht auf den Nachthimmel und nachtaktive Lebewesen wie Fledermäuse werden weniger gestört.
Aus anderer Perspektive betrachtet sehnen sich die Menschen gerade in der Winterzeit nach Licht, allerdings nach natürlichem Licht. Das kleine Dörfchen Prè im Ledrotal liegt im Winter beinahe drei Monate lang im Schatten. Vom 11. November bis zum 5. Februar, dem Tag der hl. Agatha, müssen die ca. 200 Bewohner ohne jegliches Sonnenlicht die Tage verbringen. Umso größer ist die Freude, wenn dann die ersten Sonnenstrahlen auf die Kirchturmspitze fallen. An diesem Tag wird zu Ehren der hl. Agatha ein Fest gefeiert, „La festa del Sol“, das Jung und Alt aus dem Dunkel der Behausungen auf den Dorfplatz lockt. Auf dem dort aufgestellten Podium führen Schauspieler Possen und Scherze auf; aus Freude über die wiederkehrende Sonne schwingen die Leute lebensfroh das Tanzbein.
Das Motiv des Lichts ist vor allem im Bereich der Religion von besonderer Bedeutung. Auf das Weihnachtsfest stimmt uns der Adventkranz mit seiner verständlichen Symbolik ein. Allerdings verweisen Brauchtum-Forscher auf einen nicht christlichen Vorläufer des Kranzes. Im frühen Mittelalter verstaute man den Ackerwagen in der Scheune, schraubte eines der Räder ab und hängte es im Hausinneren auf. Weil man im Rad auch ein Sonnensymbol sah, schmückte man es mit immergrünen Zweigen zum Zeichen der Hoffnung auf die Wiederkehr der Sonne im Frühjahr. Die Ursprünge der heutigen Adventkranz-Tradition gehen auf den evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern zurück, der in Hamburg im 19. Jahrhundert Waisenkinder betreute. Er nahm ein Wagenrad und befestigte darauf so viele Kerzen, wie es Tage vom ersten Advent bis zum Heiligen Abend waren. Dies sind jedes Jahr unterschiedlich viele Tage. Den Kranz hängte Wichern im Betsaal des Waisenhauses auf. Da im Jahr 1839 der Advent 23 Tage dauerte, setzte er 19 kleine rote und vier dicke weiße Kerzen darauf. Täglich zündete er eine neue Kerze an, sodass die Kinder immer wussten, wie viele Tage es noch bis Weihnachten waren. Später wurde der Kranz auch mit Tannenzweigen geschmückt und er setzte sich in den evangelischen Kirchen und Privathaushalten allgemein durch. Im Jahr 1925 soll auch erstmals ein Kranz in einer katholischen Kirche in Köln gehangen haben. In Südtirol verbreitete sich der Adventkranz erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus den vielen Kerzen wurden deren vier, für jeden Adventsonntag eine. Heute gibt es Kränze auch aus Holz, Plastik, Porzellan, ausklappbare Kränze für die Reise und vieles mehr.