Die Erde liegt im Fieber
Im Sommer 2021 von Dr. Luis Fuchs
„Die deutsche Sprache kennt kaum ein Wort für die Verwüstung, die angerichtet ist“, sagte Angela Merkel beim Besuch der Stadt Schuld in der Eifel, die besonders arg vom Hochwasser getroffen wurde. Zu beschreiben, was entfesselte Naturgewalten angerichtet haben, dafür fehlen geeignete Ausdrücke. Man spricht von „Jahrhunderthochwasser“ oder auch „Jahrhundertflut“; doch Klimaforscher finden die Bezeichnungen nicht treffend, denn die nächste Flut werde nicht erst in hundert Jahren kommen. Das, was wir derzeit an Wetterextremen erleben, Extremhitze und Waldbrände, Starkregen und Überschwemmungen, wird deutlich zunehmen. Viele Katastrophen seien nicht mehr abzuwenden und Millionen Menschen würden in den nächsten 10 bis 20 Jahren ihre Lebensgrundlage verlieren, prognostiziert der gebürtige Meraner Klimaforscher Georg Kaser.
Weissagungen, die sich mit Unheil, Grauen und dem kommenden Weltuntergang befassen, werden als Apokalypsen bezeichnet. Der griechische Begriff steht für „Enthüllung“, „Entschlüsselung“ und wird im Christentum als „Offenbarung“ übersetzt. In prophetisch-visionären Sprachbildern wird das katastrophale „Ende der Geschichte“ umrissen und das kommende „Reich Gottes“ vorgezeichnet. Am 31. Dezember des Jahres 999, so besagt es die Legende, soll Papst Silvester II. mit seiner Ankündigung des bevorstehenden Weltuntergangs eine Massenhysterie ausgelöst haben. Die erste aus wissenschaftlicher Sicht geförderte Untergangspanik wurde 1910 von einer Annäherung des Halleyschen Kometen ausgelöst. Die Bevölkerung deckte sich mit Gasmasken und Anti-Kometen-Schirmen ein.
Während über Griechenland, Türkei und Italien Brandkatastrophen hereinbrachen, forderten Extremfluten in Deutschland über 200 Menschenopfer. Wetterextreme solcher Größenordnung wurden auch als „sintflutartig“
bezeichnet. Das Wort „Sintflut“ ging aus dem mittelhochdeutschen „sinvluot“ hervor, das nichts anderes als „umfassende Überschwemmung“ bedeutet. Das Wort wurde seit dem 13. Jahrhundert zu „Sündflut“ umgedeutet und auf die in der Bibel beschriebene Überschwemmung durch einen vierzigtägigen Regen bezogen, der nur Noah und seine Familie entgingen.
„Nach uns die Sintflut“ sei viel zu lange das unausgesprochene Motto des entfesselten Kapitalismus gewesen, bringt es Eugen Drewermann auf den Punkt. „Vor uns die Sintflut“ müsse unser Motto lauten, fordert der deutsche Theologe; wer die Katastrophe vor Augen habe, der müsse handeln, und zwar JETZT.