Regenten, die Zeichen setzten
Im Herbst 2022 von Dr. Luis Fuchs
„Die Regierungen vergehen, Italien bleibt.“ Mit dieser lapidaren Erklärung verabschiedete sich Mario Draghi als Premier von seinen Ministern. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank ist bekannt für seine scharfsinnigen und prägnanten Stellungnahmen. So hat er Euro-Kritiker kurzerhand mit der sarkastischen Bemerkung abgefertigt: „Sich gegen den Euro zu stellen, hat keinen Sinn. Macht es, wenn ihr wollt.“ Als Draghi 2019 nach Beendigung seiner Amtszeit als EZB-Präsident von Journalisten gefragt wurde, womit er sich in Zukunft beschäftigen werde, bemerkte er kurzerhand: „Fragen Sie meine Frau.“
Die Häufigkeit der Regierungswechsel in Italien ist im internationalen Vergleich rekordverdächtig. Draghi war bereits der 67. Premier in der republikanischen Geschichte Italiens. Doch auch in Österreich hat letzthin ein Trend zu abruptem Regierungswechsel eingesetzt. Der Bundespräsident Van der Bellen hat in den sechs Jahren seiner Amtszeit bereits sechsmal Bundeskanzler angelobt. Wenn auch Regierungen kommen und gehen, so bleiben Staaten wie Italien und Österreich wohl weiterhin bestehen. In diesem Zusammenhang sei auf eine Inschrift an der Ostfassade des Meraner Gerichtsgebäudes verwiesen. Über der dort angebrachten Sonnenuhr sind die Buchstaben AEIOU aufgetragen. Sie stehen für AUSTRIA ERIT IN ORBE ULTIMA, was sinngemäß übersetzt heißt: „Österreich wird bis an das Ende der Welt bestehen.“
Als Ikone für Beständigkeit hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel einen außerordentlich langen Zeitraum von 16 Jahren auf der politischen Bühne unaufgeregt und pragmatisch agiert. Ihr Beharrungsvermögen war beeindruckend. „Ein Politiker muss machtbewusst sein. Er muss ehrgeizig sein. Er muss sich selber etwas abverlangen können“, gab sie auch unumwunden zu. Dabei hat sie ihre bodenständige und selbstgenügsame Art bewahrt: „Vor lauter Globalisierung und Computerisierung dürfen die schönen Dinge des Lebens wie Kartoffeln oder Eintopf kochen nicht zu kurz kommen.“