Viel Geschrei und wenig Wolle
Im Frühling 2022 von Dr. Luis Fuchs
Die Mannen aus der SVP hätten in den vergangenen Wochen unter „Logorrhö“ gelitten, merkte der Redakteur Georg Mair von der ff letzthin an. Krankhafte Geschwätzigkeit versteht man unter dem Begriff Logorrhö, der aus dem Altgriechischen stammt und uns kaum geläufig ist; der Ausdruck entspricht in etwa einer verbalen Diarrhö, also einem Sprechdurchfall. Cui bono? Wem sollte es nützen, würden sich die alten Römer fragen.
Oberflächliches Gerede und unsinniges Geschwätz bezeichnen wir auch mit dem rätselhaften Ausdruck „Larifari“. Dem Wort haftet ein melodischer Klang an, und tatsächlich hat es in der Musik seinen Ursprung. Die Silben la-re-fa sind italienische Notenbezeichnungen, die der gesungenen C-Dur-Tonleiter entnommen sind: do-re-mi-fa-sol-la-si-do. Im Larifari bezeichnen la-re-fa- die Töne a, d und f, die zusammen den d-Moll-Dreiklang bilden. Wer „Schluss mit dem Larifari sagt“, ermahnt dazu, mit dem Quatsch aufzuhören.
Auf törichtes, dummes Gerede wird gerne mit „Alles papperlapapp“ entgegnet. Das Wort ist lautnachahmend an „plappern“ angelehnt; etwas Gesagtes wird zum „Geplapper“ degradiert. Es erinnert uns an den Papageno in Mozarts „Zauberflöte“, der mit „pap, papapa pap“ auftritt. Im autobiografischen Werk „Schöne Welt, böse Leut“ lässt Claus Gatterer die Bauern in einem Sextner Gasthaus alte Verratsgeschichten aufwärmen. Sie bezweifeln, dass sich beim Friedensvertrag in Saint-Germain alles mit rechten Dingen zugetragen habe. Sie konnten sich nicht erklären, warum die Gemeinden Innichen und Sexten zu Italien kamen, da diese doch im Einzugsgebiet der Drau liegen, die nach Österreich und weiter in die Donau fließt. Der alte Sonner, seines Zeichens Bergbauer, hielt den Zweiflern entschieden dagegen: „Alles papperlapapp. Dass wir den Krieg gewonnen haben, weiß jedes Kind. Aber dass wir gleich ganz Italien bekommen würden, das hätte ich mir nicht gedacht.“ Im Erfolgsroman „Eva schläft“, der auch die wechselvolle Geschichte Südtirols in der Zeit seiner Zugehörigkeit zu Italien einbezieht, zitiert die Autorin Francesca Melandri den alten Sonner mit demselben schlagfertigen Ausspruch.
Findet jemand eine Aussage als blödsinnig, bezeichnet er sie neuerdings als „Bullshit“, was übersetzt „Bullenkot“ bedeutet. Bullshit ist Gerede, bei dem der Sprecher sich nicht darum schert, ob es stimmt. Die ZEIT verwies unter dem Titel „Erst denken, dann reden“ auf die Entartung im Ausdruck: „Wir sind umgeben von Bullshit inhaltsleerer Floskeln, geistlose Denglizismen beherrschen deutsche Unternehmensflure.“