Die Jahreszeit. Die Mode. Die Haare. Der Erlöser.
Im Herbst 2013 von Verena Maria Hesse
Ich hatte gehofft, der Winter sei gekommen. Oder sagen wir: zumindest der Spätherbst.
Aber nein. Ich ertappe mich täglich (mindestens ein Mal) dabei, nicht temperaturgemäß gekleidet zu sein. Es ist ein schreckliches Dilemma. Ich schaue morgens aus dem Fenster, es ist finster, es scheint kalt zu sein. Ich entscheide mich für ein Outfit, ziehe mich an, betrachte mich im Spiegel, reflektiere darüber, ob ich wohl beim Fahrradfahren in der Früh warm genug angezogen bin, aber nicht zu warm für die Arbeit, geschweige denn für das Heimradeln nach Obermais zu Mittag. Es scheint mir übertrieben, außerdem macht es mich um rund 5 kg fetter als ich bin, dieses dämliche Zwiebeloutfit mit Unterziehpullover, darunter, unter dem Unterziehpullover ein Unter-Unterziehhemdchen aus Wolle – das sich in den letzten Wintern bewährt hat gegen Erkältung und Rückenschmerzen – aber halt eben in den letzten Wintern und wir haben ja noch gar nicht richtig Winter, ja noch nicht einmal Spätherbst.
Über den beiden Unterschichten also ein Pullover, Jersey dieses Mal, nicht Wolle, darüber eine Weste, immer gut, wenn man nicht weiß, was man will und was der Tag so bringt. Kommt heute Ware und ich muss körperlich schuften oder sitze ich nur im Büro herum und friere? Geht denn die dumme Heizung überhaupt oder ist das Fernwärmeproblem noch immer nicht behoben?
Ich hab mich für die Jeans entschieden, die normal dicke, die ich das ganze Jahr über trage, die Winterversion scheint mir jetzt, im noch nicht einmal Spätherbst, nun doch übertrieben. Aber ich nehme die von der Kusine meiner Tante gestrickten Wollsocken dazu, als Eyecatcher zu meinen harten Budapestern und als Wärmerchen für meine fast immer kalten Füße.
Dann gibt es noch einen Kampf mit dem Töchterchen, das irgendein grundlegendes Problem mit dem Tragen von Handschuhen aller Art hat – genau hab ich noch nicht eruieren können, um welche Art von Aversion es sich handelt – und das noch nicht die Fähigkeit besitzt, sich verbal auszudrücken, aber seine große Krise ist auf alle Fälle täglich mit Weinkrämpfen und heftigem Kopfschütteln (in der Horizontalen) verbunden.
Wir starten mit dem Rad. Ich mit Handschuhen und ohne Mütze, weil ich mich für meine Frisur entscheide, die ja unter den meteorologischen Bedingungen dieser Tage am meisten leidet. Und zwar so sehr, dass ich jeden Morgen fast durchdrehe. Und jeden Mittag. Und falls ich am Abend mehr vorhabe als vor dem Fernseher alleine einzuschlafen, auch jeden Abend.