Vokuhila oder Undercut?
Im Herbst 2012 von Verena Maria Hesse
Morgen geh ich zum Frisör. Ich bin dann immer in einem kleinen Konflikt mit mir selber, ob ich mir nur ganz fad die Spitzen schneiden lasse und mir die Haare à la praktisch und unkompliziert weiterhin zusammenbinde oder ob ich mir einen Schnitt und eine vernünftige Farbe verpassen lasse – und glauben Sie mir: Ich hatte schon beinahe alles an Schnitten und Farben, was es so gibt. Es gab Phasen in meinem Leben, da hab ich mich – denk ich – in erster Linie über die Frisur definiert. Ich habe mit Beinahe-Glatze (3 mm mit dem Bartschneider, um genau zu sein) meine Mutter dazu gebracht, mich nicht mehr wiederzuerkennen und ich habe mit rosa Haaren meinen damaligen Freund dazu gebracht, sich fast von mir zu trennen – natürlich nur der Haare wegen. Ich hatte (und habe) Föhnfrisuren, die grundsätzlich super aussehen, aber einfach aufwendig sind, wenn man bedenkt, dass man die Haarpracht in mühevoller Arbeit unter glühender Hitze zurechtbiegt und dass dann mit jedem kleinsten Spritzerchen Nass alles wieder zerstört ist – in wenigen Augenblicken. Und das kommt bei Menschen, die regelmäßig eine Dusche oder fast täglich ein Schwimmbad aufsuchen, nun mal recht häufig vor.
Ich hatte Vokuhila und kinnlanges Haar, ich hatte „Caschetto“ und ich hatte Kurzhaarfrise. Ich hatte gute und fiese Kurzhaarfrise. Es gibt zig Frauen, die mit ersteren unvergleichbar mehr Typ sind als mit langen Haaren, aber kurze Haare bei Frauen müssen gekonnt geschnitten (und ich behaupte, es ist die Königsdisziplin für Haarstylisten oder sagen wir: die Haute Couture), gekonnt gestylt (Pflegeprodukte wie Gel oder Wachs sind Pflicht) und gekonnt getragen werden (bitte feminin mit – wenn möglich – passendem Make-up und passender Kleidung, weil Achtung: zu casual wirkt schnell maskulin und man sieht aus wie der Kumpeltyp, der man nie sein wollte).
Ich hatte braun, „mirtillo nero“, blond in allen Nuancen – von dottergelb über weiß-grau bis rosastichig und ich hatte grau, blau und braun – das hab ich noch immer und so schuf mich Gott.
Färben ist vor allem im fortgeschrittenen Alter eine durchwegs heikle Angelegenheit, denn hat man nur den Nachwuchs weiß und den Rest des Hauptes rot, braun oder schwarz, ist das etwas zu abgefahren für meinen Sinn für Ästhetik. – Hip sein ok, aber wie ein zu heiß gewaschenes Plüschtier auszusehen, das nur zum Teil ausgebleicht ist mit den Jahren, finde ich eigenartig.
Färben bis in alle Ewigkeit, „Zwischentönen“ oder gar weg mit der Wolle? Nun ja. Ja! Ganz klar weg damit, denn es ist ein absoluter Irrtum, dass man immer gleich (jung) aussieht, nur weil man immer dieselbe Frisur trägt. Sehr viele mir bekannte Frauen schauen urplötzlich grau und kurz um Jahre jünger aus als hennarot und kinnlang – wie schon zur Matura.