Alle Menschen an die Macht!

Aldo Capitini und die „Omnikratie“

01. Oktober 2019

Der Friedensforscher und Philosoph Aldo Capitini (1899-1968) gilt als „italienischer Gandhi“. Seine Gedanken können zum Verständnis der Krisen und Chancen der Gegenwart beitragen. 50 Jahre nach dem postumen Erscheinen von Capitinis Werk über die „Omnikratie“ – die Herrschaft aller Menschen – laden der Kulturverein La Fabbrica del Tempo/Die Zeitfabrik und das Friedenszentrum Bozen zu einer Tagung ein, um die Aktualität von Capitinis Philosophie zu beleuchten.

Aldo Capitini war eine facettenreiche Persönlichkeit. Der 1899 in Perugia geborene Philosoph war überzeugter Antifaschist und Pazifist. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er in verschiedenen Städten Italiens Zentren der sozialen und religiösen Orientierung. In diesen wurde offen über Politik und Philosophie diskutiert. Capitini engagierte sich leidenschaftlich für die Kultur der Gewaltlosigkeit und gegen den Kriegsdienst. Das brachte ihm den ehrenvollen Beinamen „italienischer Gandhi“ ein. Heute ist Capitini nahezu völlig in Vergessenheit geraten. Viele kennen jedoch den alljährlich stattfindenden Friedensmarsch von Perugia nach Assisi. 1961 wurde er von Capitini aus der Taufe gehoben. 1969 – ein Jahr nach Capitinis Ableben – erschien  sein politisches und philosophisches Hauptwerk: „Il potere di tutti“ ist ein radikaldemokratisches Manifest, das die omnicrazia – also die Macht aller Menschen – zum erstrebenswerten Gesellschaftsziel erklärt. „Omnikratie bedeutet Beteiligung aller Menschen an der Herrschaft. Letztere erhält gerade durch diese direkte Teilnahme ihre Legitimität. Sie ist nicht das Instrument weniger Mächtiger, sondern sie ist Ausdruck eines kollektiven Willens und führt letztlich zu einer Befreiung von der Unterdrückung“, fasst der Bozner Anthropologe Ivan Dughera die Omnikratie-Idee von Capitini zusammen.

Die vom Kulturverein La Fabbrica del Tempo/Die Zeitfabrik und vom Bozner Friedenszentrum organisierte Tagung mit dem Titel „Alle Menschen an die Macht! Aldo Capitini und die Omnikratie“ will die zeitlose Botschaft von Capitinis Gedanken untersuchen. Der Klagenfurter Friedenspädagoge Prof. Werner Wintersteiner und der Trentiner Politikwissenschaftler Gaspare Nevola werden am Samstag, 5. Oktober erläutern, warum Capitinis Utopie einer direkten und totalen Demokratie eine Lösung für unsere krisengeschüttelte Welt darstellen könnte. „Laut Capitini muss der Staat auf sein Gewaltmonopol verzichten. Auch das Durchsetzen vernünftiger Gesetze soll nicht auf Gewalt beruhen. Capitini stellt sich den Übergang zur Omnikratie als langsame Erweiterung der Demokratie vor. Seine revolutionäre Kritik an unseren gesellschaftlichen Zuständen ist nach wie vor aktuell“, betont der Friedensforscher Prof. Wintersteiner.

Alle Menschen an die Macht!
Aldo Capitini und die „Omnikratie“
Bozen, 5. Oktober 2019
Altes Rathaus, Lauben Nr. 30
9.30 – 12.30 Uhr

Programm der Tagung

  • 9.30 Uhr: Begrüßung und Einführung – Prof. Ivan Dughera, Anthropologe 
  • 9.45 Uhr: Prof. em. Werner Wintersteiner – Friedenspädagoge an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt: „Das dritte Himmelreich. Zur Aktualität von Aldo Capitinis revolutionärem Konzept der Omnikratie“ 
  • 10.15 Uhr: Gaspare Nevola – Politikwissenschaftler, Universität Trient:  „La democrazia da ripensare. La sfida del pensiero politico di Capitini tra attualità, inattualità e limiti“ 
  • 10.45 Uhr: Pause 
  • 11.00 Uhr: Prof. Ivan Dughera – Anthropologe, Bozen: „Aldo Capitini e Guido Ceronetti: l‘orrore del male“ 
  • 11.30 – 12.30 Uhr: Runder Tisch zur Omnikratie – es moderiert der Journalist Patrick Rina


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