Vorstellung/Besprechung der neuen Orgelschule CIACONA von Dietrich Oberdörfer

09. Mai 2022

Dietrich Oberdörfer

CIACONA

Ergänzende Übungen für das Studium an der Orgel

    Rezension von Stefano Rattini 

 

Ich hatte die Ehre Dietrich kennenlernen zu dürfen und bin mir sicher, ihm hätte das Cover seiner Publikation sehr gefallen: so außergewöhnlich die Farbwahl: Fuchsia so exzentrisch im Vergleich zu den gängigen, ernsten Orgelbücher. „Warum nicht?“ hätte er ausgerufen und einen angeschaut mit seinem durchdringenden Blick, in dem eine Prise Provokation lag. So wie an jenem Tag, als ich ihm von meiner Enttäuschung über die Verbreitung der Unterhaltungsmusik in der Liturgie erzählte; meiner Meinung nach nur zum Nachteil der Orgelmusik und der gehobenen Musik. „Man muss das, was heute gesungen wird aufwerten und veredeln, sowie ihm eine künstlerische Form verleihen, damit es wirkungsvoll an der Orgel gespielt werden kann“, das war seine verwirrende Antwort, die mich fast verärgerte, aber eine neue Idee in meinem Geist säte. Sein Denken war unkonventionell: nie gab er stereotype Antworten, wie es jeder von uns manchmal tut aus Eigennutz und nicht aus Überzeugung, sondern nur um die Zustimmung des Gesprächspartners zu gewinnen. Die Wahl der Farbe Fuchsia seitens der Herausgeber war eine glückliche Intuition, da sie sehr deutlich Dietrichs Wesen widerspiegelt, seine starke Persönlichkeit, sein kraftvolles Überzeugt-Sein von den eigenen Ideen. Er war verwurzelt in Altbewährtem, aber immer offen für Neues und er war stets aufgeschlossen für alle Facetten der Musik.  Dietrich war wie ein hochgewachsener Baum, gut verwurzelt in der Bach'schen Musik, welche für ihn das Fundament seiner soliden, fachlichen Ausbildung darstellte und Quell seines musikwissenschaftlichen und künstlerischen Schaffens war.                                                                                                           

Das Buch enthält -  wie man dem Untertitel entnehmen kann - eine Reihe von „Ergänzenden Übungen für das Studium an der Orgel“, es ist das Ergebnis von Dietrichs reichem didaktischen Erfahrungsschatz: sein Leben war dem Orgelunterricht gewidmet, einer Tätigkeit die im Laufe der Jahrzehnte Südtirol eine Schar junger und gut ausgebildeter Organisten beschert, von denen einige eine erfolgreiche, internationale Karriere eingeschlagen haben. Eine hervorragende Kostprobe, war davon in der Pfarrkirche von Meran, am Gedenkabend, am 12. März 2022 erlebbar, als die ehemalige Orgelklasse Dietrichs ein bemerkenswertes Nieveau bewies, welches mit Sicherheit das Ergebnis seiner langjährigen Tätigkeit an der Musikschule Meran ist.

Das Herzstück dieser Orgelschule und Ausdruck der großen Verehrung, die der Autor Johann Sebastian Bach entgegen brachte, findet man in Kapitel 5, welches einige Auszüge aus berühmten Kompositionen des Genies von Eisenach enthält, die aufgrund ihrer besonderen didaktischen Eignung und ihres künstlerischen Wertes ausgewählt wurden. Durch die Auswahl geeigneter Passagen wird der Schüler direkt und sorgfältig an das Studium der Orgelliteratur herangeführt, er taucht sogleich in das für die Entwicklung der musikalischen und technischen Fähigkeiten ideale kulturelle Klima ein, in jene emotionale Atmosphäre die einen großen Komponisten umgibt; dies macht es überflüssig sich mit mittelmäßigen Werken abzugeben, denen sich zu widmen zuweilen gar reine Zeitverschwendung ist. Die vorgeschlagenen Beispiele an Pedalübungen sind sorgfältig notiert, basierend auf den philologischen Forschungsergebnissen zu Bach. Vorgeschrieben wird der alleinige Gebrauch der Fußspitze auch bei schwierigen Passagen und untersagt hingegen die Verwendung des Absatzes, da dies oft die Ursache von Fehlern bei der Phrasierung und der exakten Artikulation der Noten ist.                                                                                                                

Der gesamte erste Teil dieser Orgelschule ist eine Vorbereitung auf die Übungen im 5. Kapitel: der Schwerpunkt liegt ausschließlich auf den Pedalübungen, die in  allen Tonarten ausgeführt werden sollen; es folgt das systematische Üben der Tonleitern und der harmonischen Kadenzen, wesentliche Voraussetzung für das improvisatorische Orgelspiel, ein Feld in dem Dietrich brillierte.                                                                                                                  Besonderes Augenmerk richtet der Autor auf das sogenannte „Neue Geistliche Lied“, das moderne Kirchenlied mit stilistischer Beeinflussung durch Unterhaltungsmusik. Dies hat die Herausgeber dieser Publikation veranlasst, einige wertvolle Beispiele dieses Musikgenres mit aufzunehmen. Diese Stücke wurden von Oberdörfer gekonnt bearbeitet und in ein für das Orgelspiel angemessenes und wirkungsvolles Format gebracht. Das Überleben der Pfeifenorgel in einer von elektronischen Klängen dominierten Welt, kann meiner Meinung nach gelingen, indem man das „Schöne“ was uns umgibt, der Orgel anpasst und es aufwertet. Der erfahrene Kirchenorganist Dietrich hatte dies schon sehr früh erkannt und klug umgesetzt.                                                                                                                                       Den Abschluss dieser Publikation bilden zwei Kompositionen Oberdörfers. Diese zeugen von einer weiteren großen musikalischen Liebe, jener zu der mystischen Atmosphäre von Arvo Pärt, mit dem er befreundet war und mehrmals zusammengearbeitet hat.

Die Publikation endet mit dem Postludium „Christ ist erstanden“ im harmonisch kraftvollen Toccata-Stil, welcher der gesamten Komposition enorme Spannung verleiht, um dann im Crescendo die befreiende Auflösung in der Ciacona zu finden. Die Ciacona - eine musikalische Form, die aus einer Reihe von Variationen auf einem unaufhaltsamen fortschreitenden Ostinato-Bass beruht - gibt dieser Publikation ihren Titel. Sie kann als Allegorie verstanden werden für den Weg des jungen Organisten, von seinen ersten zaghaften Schritten bis zur virtuosen Beherrschung der „Königin der Instrumente“.

 

M° Stefano Rattini

Titularorganist der Kathedrale von Trient


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