Abschied vom alten Gasthof „Ofenbauer“ in der Lazag
Im Frühling 2022 von Dr. Walter Egger
Eine ausgedehnte, terrassenförmig in den Sonnenhang hineingebaute, sechs Stockwerke hohe Wohnanlage erhebt sich nun dort, wo noch vor einigen Jahren der bekannte Landgasthof zum „Ofenbauer“, auch „Ofenbaur“ geschrieben, Einheimische und Kurgäste zur Einkehr in Haus und Garten einlud. Mit dem Abriss des traditionsreichen Gasthofes ging 2020 seine mehr als hundertjährige Geschichte unwiderruflich zu Ende.
Ofenbaur – Villa Frankonia – Schennaer Niederhof
Erzählt wird, dass hier schon Andreas Hofer als Gast eingekehrt sei, doch mehr als ein Gerücht ist das nicht. Folgt man schriftlichen Quellen, so wurde der Gastbetrieb beim Ofenbaur von Josef Flarer, dem früheren Besitzer und Gastwirt von Katzenstein, vulgo „Katzensteiner Jos“, begründet, der das Ofenbaurgut 1894 erwarb, um es zu einem Gasthof umzubauen. Der vorige Eigentümer Josef Alban, seit 1884 in Besitz des bäuerlichen Gutes, hatte diesem den Namen Villa Frankonia nach der Symbolfigur und weltlichen Patronin des Frankenlandes (lat. Franconia) gegeben; der Anlass, der ihn dazu bewogen hatte, entzieht sich unserer Kenntnis. Als nach ihm Josef Flarer hier sein neues Gasthaus eröffnete, nannte er es „zum Schennaer Niederhof“. Den bäuerlichen Gastbetrieb führte er allerdings nur vier Jahre, denn schon 1898 trat er ihn an den Obsthändler Ludwig Anselm ab, dessen Witwe 1904 das vom Ehemann geerbte Gut an Josef Sulzer verkaufte.
Jubiläumsjahr 1909
Als der Obermaiser Realitätenbesitzer, Spengler- und Glasermeister Max Rohregger anfangs des Jahres 1909 das Gasthaus von Josef Sulzer erwarb, standen in Tirol gerade zahlreiche Hundertjahrfeiern an, die an den Tiroler Freiheitskampf von 1809 erinnern sollten. Dieses Gedenken fand seinen Niederschlag auch in den Renovierungen, die der vaterländisch gesinnte Käufer Max Rohregger an seinem Besitz durchführen ließ. An den Wänden der neuerrichteten, sonnigen Veranda schuf nämlich Malermeister David Pinggera ein Gemälde von Hofers Gefangennahme auf der Pfandleralm und das Porträt von Jakob Flarer, 1809 Schützenhauptmann von Dorf Tirol und mütterlicherseits Rohreggers Großvater. Ernst Steiner, Sohn des Bildhauers Sebastian Steiner, formte die Statuen „Andreas Hofer“ und „Josef Speckbacher“, die bis 2020 die südwestliche Hausfassade zierten. Das sogenannte Franzosenkreuz an der Außenwand des einstigen Stadels, Herkunft unbekannt, erinnerte an die Kämpfe vom 16. November 1809, als französische Soldaten vor allem über die Stickle Gasse, aber auch beim Lochbauer und hier beim Ofenbauer gegen Schenna vorzudringen versuchten, doch von den Schützen zurückgedrängt wurden.
Durch Aufschüttungen vor dem Haus wurde 1909 ein geräumiger Schankgarten und in der Nähe, knapp neben einem romantischen Wasserfall, ein idyllischer Platz geschaffen, der besonders zur Sommerzeit zur erfrischenden Rast verlockte. Eine Kegelbahn durfte selbstverständlich nicht fehlen.
Max Rohregger nannte sein Gasthaus bzw. Café-Restaurant „zum Ofenbauer“, womit er zum ursprünglichen Hofnamen zurückkehrte, während die erst jüngst entstandenen Benennungen „Frankonia“ und „Schennaer Niederhof“ dem allmählichen Vergessen anheimfielen. Der alte Hofname geht zurück auf einen 1394 urkundlich erwähnten Weinacker in der Lazag, der wohl wegen seiner warmen Lage „Oven“ genannt wurde.
Sein Interesse an der Landesgeschichte bewies der Ofenbauerwirt auch, als er in Schlanders den schriftlichen Nachlass des Landsturmhauptmannes Theimer um 1400 Kronen erwarb. Die Sammlung soll u. a. auch Originalschreiben Napoleons und des österreichischen Kaisers enthalten haben.