Die „Grünen Daumen“ unserer Stadt
Hinter den Kulissen der Stadtgärtnerei
Im Frühling 2020 von Dr. Wilhelm Mair
Wenn nach einem langen Winter die grauen Straßen quasi über Nacht wieder bunt werden, dann wissen die Meranerinnen und Meraner: Da waren die Stadtgärtner am Werk. Anni Schwarz, gelernte Forstwirtin, hat seit 2002 die Leitung der Stadtgärtnerei inne und bewältigt mit zwei Verwaltungskräften und den drei Vorarbeitern Luca Zambarda, Marco Formolo und Andreas Spöttl organisatorisch den im Laufe der Zeit stark erweiterten Aufgabenbereich. Sie kümmern sich mit 26 Gärtnern mit verschiedener Ausbildung und Spezialisierung sowie mit 6 Personen aus verschiedenen Sozialprojekten darum, dass im öffentlichen Grünraum immer etwas blüht und duftet und alles sauber und ordentlich aussieht. Doch dies ist nur ein Teil der vielfältigen Arbeit, die von den grünen Experten zu leisten ist. Hinzu kommt die Pflege und Kontrolle des öffentlichen Baumbestands und die Pflege, Planung und Projektierung von Grünzonen, Parkanlagen und Promenaden, Geh-, Spazier- und Wanderwegen und Kinderspielplätzen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Nicht zu vergessen ist auch die Verwaltungstätigkeit, die z. B. die fachtechnische Beurteilung im Rahmen der Baumschutzverordnung oder Stellungnahmen zu Bauvorhaben umfasst. Das klingt nach viel Arbeit – ist es auch. Aber die Stadtgärtner bringen für ihre Aufgaben viel Herzblut auf. Was dabei über allem steht, ist der Anspruch, sich neben der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und der Verschönerung des Stadtbildes stets besonders für Arten-, Natur- und Klimaschutz einzusetzen.
Neuer Sitz und neue Herausforderungen
Seit 1930 ist die Stadtgärtnerei eine Einrichtung der Gemeinde. Im August 2018 haben die Verwaltungsmitarbeiter und die Techniker der Meraner Stadtgärtnerei ihre Arbeitsplätze im neuen Sitz an der Kuperionstraße Nr. 17 bezogen, die Gärtner hingegen ihr provisorisches Quartier beim ehemaligen Depot „Agostini“ am Rennstallweg. An der Kuperionstraße müssen nämlich noch die Garagen für die Dienstfahrzeuge und die Lagerräume errichtet werden. Diese sollen in Kürze fertiggestellt werden. Die Gewächshäuser der Stadtgärtnerei sind hingegen weiterhin in Gratsch geblieben. Während der gesamte Fuhrpark und der Großteil des Dekorationsmaterials in Untermais untergebracht ist, gilt der Sitz in Gratsch nach wie vor als Produktionsstätte der gesamten Zierblumen und -pflanzen, mit welchen jedes Jahr die Beete der Stadt geschmückt werden. Die Anlage wurde kürzlich durch die Errichtung eines neuen Gewächshauses wieder auf Vordermann gebracht. Der Bau des externen Stützpunktes mit Aufladestationen, Magazin und Garage für die elektrischen Fahrzeuge, die auf dem Tappeinerweg und in der Gilfpromenade im Einsatz sind und die beim Kiosk beim Steinernen Steg realisiert werden soll, wird demnächst abgeschlossen sein.
„Wir müssen unsere Stadtgärtnerei stärken“, erklärt Gabi Strohmer, die zuständige Stadträtin. „Dies bedeutet, dass die Finanzierung nicht nur für Investitionen, sondern auch für laufende Ausgaben und Folgekosten gewährleistet sein muss.“ „Wir haben in den letzten Jahren viel Grünraum dazubekommen, von der Lazag bis zur Etsch-Passermündung oder Bereiche in Sinich, und all dies ist sehr positiv für unsere Stadt, aber unsere Gärtner sind bereits voll ausgelastet und stoßen an ihre Grenzen“, ergänzt Anni Schwarz. Außerdem betonen sowohl die Stadträtin als auch die Direktorin der Stadtgärtnerei, dass die Stadtgärtnerei auch beratende und unterstützende Funktion für Private haben sollte, denn die privaten Grünflächen der Passerstadt machen 80 % des gesamten Grüns aus. „Auf der Basis des neu konzipierten Grünplans, in dem alle Grünbereiche katalogisiert und analysiert sind, wurde bereits ein „Garten-Stadt-Konzept“ erarbeitet, das alle Stadtteile, auch jene, die historisch nicht in ein Garten- bzw. Parkkonzept eingebunden waren, wie z.B. Obermais und Untermais, mit einbezieht. Dies erfordert eine neue Vision und natürlich die Ressourcen, die langfristig garantiert sein müssen“, unterstreicht Gabi Strohmer.
Produktionsbetrieb und eigene Kompostier- und Hackschnitzelanlage
In ganz Italien verfügen nur die Stadtgärtnereien von Meran und Turin über einen eigenen Produktionsbetrieb zur Pflanzenaufzucht. In den Gewächshäusern, die sich auf dem Produktionsbetrieb in Gratsch befinden, werden jährlich über 250.000 Blumen gezüchtet für die Frühlings-, Sommer- und Herbstgestaltungen der öffentlichen Gärten, Parkanlagen und Promenaden in der ganzen Stadt sowie für Kindergärten, Schulen, Spielplätze, Altenheime, Pferderennplatz, Friedhof usw. Im Durchschnitt werden etwa 50 verschiedene Arten angepflanzt und es werden jedes Jahr zwei bis drei neue Arten ins Sortiment aufgenommen. Sie werden schon 6 bis 8 Monate vor der Aussaat bestellt, ein- und umgetopft und bis zum Beginn der Blüte aufgezogen. „Die Planung muss also schon im Vorjahr gemacht werden“, erzählt der Vorarbeiter Luca. Es wurden neue Gewächshäuser errichtet, in denen die Pflanzen wetterunabhängig vom Samen bis zur Blüte herangezogen und auch kälteempfindliche Pflanzen überwintert werden.
Im Produktionsbetrieb befindet sich auch die Kompostieranlage, in der der Grasschnitt, die verblühten Pflanzen und der Kleinschnitt von Sträuchern und Bäumen zu Kompost verarbeitet werden, der teilweise als Substrat für die nächsten Bepflanzungen dient. Auf dem Betriebsgelände befindet sich auch eine Hackschnitzelanlage, die u.a. mit dem Holz, das beim Rückschnitt und bei der Fällung der Stadtbäume anfällt, gespeist wird und die notwendige Wärme zum Beheizen der Glashäuser und zweier Wohnungen im Hauptgebäude liefert.
Das Beregnungssystem der Parkanlagen und Promenaden wurde in den letzten Jahren komplett erneuert. Die Grünzonen werden zu 90 % automatisch bewässert durch eine zentral gesteuerte Beregnungsanlage mit Integration von Wetterstation und Bodenfeuchte-Sensoren, die ein genaues Abstimmen auf die lokalen Bedürfnisse, auf den verschiedenen Pflanzenbewuchs und auf die Wetterverhältnisse ermöglichen. Die Wasserversorgung wurde, wo möglich, von Trink- auf Waalwasser umgestellt. Die wichtigste positive Auswirkung ist jedoch die Einsparung von Arbeitszeit, auch wenn regelmäßige Kontrollen der Anlagen und die Reparaturen immer notwendig sind.
Pflege und Kontrolle des öffentlichen Baumbestands
Die ständige Pflege und Kontrolle des öffentlichen Baumbestands in den Parkanlagen und Promenaden sowie der Straßenbäume stellt einen wesentlichen Teil der Arbeit der Stadtgärtnerei dar. Meran hat einen alten Baumbestand – viele Bäume wurden zwischen 1900 und 1915 gepflanzt. Die Stadtgärtnerei hat in den letzten Jahren die Kontrollen der knapp 10.000 öffentlichen Bäume ständig intensiviert, im Sinne der geltenden Aufsichtspflicht. Bäume, die schwere Schadsymptome aufweisen, sei es wegen Beschädigung der Wurzeln, wegen Überalterung, Umwelteinflüssen wie Trockenheit, Schneedruck, Wind und Blitzschlag, sollen sinnvollerweise gefällt und durch Jungbäume ersetzt werden, die dann wieder für die nächsten 100 Jahre die Durchgrünung der Stadt sicherstellen.
Bei Neupflanzungen wird auf die korrekte Auswahl geachtet. Dabei wird dem Faktor Klimawandel als auch dem Faktor der Artenvielfalt und botanischen Besonderheit Rechnung getragen. „Nachdem die neuen Stadtbäume in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich immer extremeren Wetterbedingungen und längeren Hitze- und Trockenperioden ausgesetzt sein werden, müssen sie für den Klimawandel gerüstet sein. Da spielt natürlich die Auswahl der Arten und Sorten eine große Rolle. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Meran sich immer schon durch ein breites Spektrum an Stadtbäumen ausgezeichnet hat. Diese breite Differenzierung in der Art stellt heute einen großen Vorteil dar, nicht nur in Bezug auf die botanische und landschaftliche Bedeutung, sondern auch, weil weniger die Gefahr besteht, durch Krankheiten ganze Bestände zu verlieren“, erklärt Anni Schwarz.
In neu errichteten Anlagen und Spielplätzen führen die Gärtner die Neupflanzungen durch. Die urbane Biodiversität ist dabei das übergeordnete Thema, denn so sollen „durch geeignete multifunktionale einheimische Heckenbepflanzungen weitere ökologisch hochwertige Lebensräume in der Stadt geschaffen werden“, betont der Vorarbeiter Andreas, der seit 27 Jahren in der Stadtgärtnerei tätig ist. „In diesem Sinne sollen an geeigneten Grünflächen auch öfter Stauden gepflanzt werden (Verkehrsbegleitgrün), auch sollen Zwiebelpflanzen vermehrt zum Einsatz kommen.“
Die außerordentliche Instandhaltung der Infrastrukturen der historischen Promenaden und Parkanlagen ist wesentlich für den Erhalt und die Weiterführung des urbanen grünen Wegenetzes unserer Stadt. Es wurde daher bereits 2018 eine Bewertung des Zustandes der historischen Infrastrukturen der historischen Wege, Park- und Gartenflächen der Gemeinde Meran in Auftrag gegeben. 2019 wurden die ersten Sanierungsarbeiten, auf Basis der eben erwähnten Erhebung, durchgeführt (Maiser- und Schillerpark). „2020 wird mit der Sommerpromenade weitergemacht, wo der Teilbereich von der Sissikanzel bis zum Steinernen Steg komplett vom Asphalt befreit und gepflastert wird“, erklärt der Vorarbeiter Marco.
Wurzelschutz
Die 2019 eingeführten verbesserten Bestimmungen zum Wurzelschutz bei großen Grabungsvorhaben (z.B. für Verlegung der Glasfaser) sehen vor, dass bei allen großen Baustellen, an denen mehr als 10 Bäume betroffen sind, die Stadtgärtnerei schon in der Anfangsphase des Projektes miteinbezogen werden muss, um hier gemeinsam die Grabungsstraße festlegen zu können. Ebenso ist vorgesehen, dass zwingend eine Fachbegleitung zum Wurzelschutz vorzusehen ist, um die Schäden zu minimieren und zu dokumentieren.
Baumkataster
Entlang der Straßen und in den öffentlichen Parkanlagen Merans stehen knapp 10.000 hochstämmige Bäume, die Anzahl der Sträucher ist noch höher. Die Mehrzahl dieser Bäume ist seit 2003 in einem digitalen Baumkataster erfasst; ein Teil der Daten (Foto, Art, Standort, Größe, Kurzbeschreibung, Schutzstatus, Polleninformation, Angaben zu Patenschaften) kann über die Homepage der Stadtverwaltung und über die Adresse www.gemeinde.meran.bz.it/de/Baeume abgerufen werden. Die Bäume sind nummeriert, sodass sie sofort identifiziert werden können.
Eva Pföstl & Wilhelm Mair