„Wir sind Energie - seit fast 120 Jahren“
Etschwerke brachten „Licht des Fortschritts“ und ließen Kerzen, Petroleumlampen und Gasleuchten vergessen
Rudolf Diesel stellt den nach ihm benannten Verbrennungsmotor fertig, der noch heute im Deutschen Museum in München zu bewundern ist. Thomas Alva Edison lässt sein „Kinetoskop“, einen Vorläufer des Filmprojektors, patentieren. Ferdinand Braun entwickelt die Kathodenstrahlröhre, die lange Zeit in Fernsehgeräten verwendet worden ist. Felix Hoffmann, ein Chemiker von Bayer, entwickelt Aspirin – und Heroin. Dies alles hat sich 1897 zugetragen. In diesem Jahr – das Deutsche Reich wurde damals von Kaiser Wilhelm II., Österreich-Ungarn von Kaiser Franz Joseph I. und Italien von König Umberto I. regiert – unterzeichneten die Bürgermeister der Passer- und der Talferstadt einen Gründungsakt für etwas, das heute noch Bestand und Erfolg hat: die Etschwerke von Meran und Bozen.
Pioniertat zweier Bürgermeister
Im Gesellschaftsvertrag vom 4. März 1897, unterschrieben von den amtierenden Bürgermeistern Roman Weinberger (Meran) und Julius Perathoner (Bozen), heißt es: „Die Städte Bozen und Meran vereinigen sich zum Baue und Betriebe eines Elektrizitätswerkes unter Benützung der an der Töll über Meran zu gewinnenden Wasserkraft der Etsch zum Zwecke der Versorgung der Städte Bozen und Meran, sowie deren Umgebungen, besonders der Gemeinden Zwölfmalgreien und Gries, Obermais, Untermais und Gratsch etc. mit elektrischer Energie, insbesondere Licht und Kraft, etc. Der Sitz dieser Gesellschaft ist alljährlich wechselnd in Bozen oder in Meran.“
Ingenieur Emil Zikeli (1923) liefert eine Beschreibung des ersten Kraftwerkes „auf der Töll“ (nachzulesen in der Publikation „Das elektrische Jahrhundert 1898-1998“, herausgegeben von den Etschwerken): „Der Projektant, Ingenieur Oscar von Miller, fasste das Wasser der Etsch, welches von den Gletschern der Ötztaler- und Ortlergruppen, mit einem Einzugsgebiet von 1.700 Quadratkilometern, zahlreiche Zuflüsse erhält und minimal 8 bis 9 Sekunden/Kubikmeter führt, oberhalb der so genannten Töllsäge, mit einer Stauwehr und führte das Wasser der Etsch durch einen als offenes Gerinne ausgeführten Oberwasserkanal von 300 Metern Länge zum Stolleneinlauf, bei welchem mittels Schleusen die Entleerung der Sandfänge, die zum Zurückhalten der Sinkstoffe angeordnet waren, erfolgten konnte.“
Strom ersetzt Dampf und Gas
Schon bald nach Fertigstellung stellte sich heraus, dass die Leistung des Kraftwerkes Töll – nicht zuletzt aufgrund einer steten Zunahme des Stromverbrauches – nicht ausreichte. So musste ab 1904 die Abgabe von Kraftstrom in den Abendstunden gedrosselt werden: Nicht nur für die öffentliche Beleuchtung war viel Strom nötig, sondern auch für die neuen Bedürfnisse im Bereich der Mobilität. Elektrische Energie löste Pferdestärken und Dampfkraft ab und wurde so zum Treibstoff für eine immer mobilere Zeit. Mendelstandseilbahn (1903), Tramlinie Lana-Meran (1906), Rittner Schmalspurbahn (1907) und Kohlerer Schwebeseilbahn (1908) machten den Anfang. Aber schon bald wurde auch der Ruf nach so genannten Stadtbahnen laut: Ein Jahr früher als in Bozen fuhr 1908 in Meran erstmals eine städtische Straßenbahn (und zwar bis 1956).
Verkehrstechnischer Knotenpunkt in der Kurstadt war der Ruffinplatz (heute: Theaterplatz): Dort trafen die Lokalbahn Lana-Meran und die beiden Meraner Linien aufeinander – die eine führte in westliche Richtung bis nach Forst, die andere vom 1906 errichteten Hauptbahnhof über den Habsburgerplatz (heute: Mazziniplatz) am Kurhaus vorbei bis zum Sandplatz; diese letztgenannte eigentliche „Stadtlinie“ wurde schon bald verlängert (über die Reichsbrücke, die heutige Postbrücke, bis zum Dr.-Karl-Ludwig-Platz, heute Brunnenplatz, in der damals noch eigenständigen Gemeinde Obermais). Die öffentliche Beleuchtung war da schon lange von Gas- auf Strombetrieb umgestellt (bereits 1897 wurden etwa die 102 Gasflammen, die das 1874 eröffnete Kurhaus beleuchteten, ersetzt).
Umsatz von 759 Millionen Euro
Einen Meilenstein in der Geschichte der Etschwerke und der Elektrifizierung stellte die Errichtung des Schnalstalwerkes dar, das 1912 in Betrieb genommen wurde. In der Publikation „Das elektrische Jahrhundert 1898-1998“ ist nachzulesen: „Der Bau nötigt auch heute noch Respekt ab. Zwischen Altratheis und Neuratheis wurde die Wasserfassung mit einem kleinen Klärbecken angelegt und ein 4,5 Kilometer langer, rechteckiger und ausgemauerter Stollen von 2,05 Metern Höhe und 1,5 Metern Breite durch den Berg getrieben. Die Herstellung des Stollens war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Vom Wasserschloss bis zum Elektrizitätswerk, das zwischen der Straße und der Etsch am Eingang des Schnalstales steht, wurde in kompaktem Urgestein ein Schacht ausgebrochen und die Druckrohrleitung als selbständiges Bauteil hineinmontiert.“