Vom Geheimnis der selbstwachsenden Saatkörner
Im Sommer 2018 von Walter Depaoli
„Leben Sie, wir kümmern uns um die Details“ – mit diesem oder ähnlichen Versprechen wird immer wieder der Werbespot einer Firma im Dienstleistungssektor eingeleitet. Es geht um die großen Fragen des Lebens, um Menschen und Mächte und das kleine Glück in dieser Zeit. Und dann folgt eine Texteinblendung mit dem Versprechen: „Leben Sie, wir kümmern uns um die Details.“
Ich genieße das turbulente Spiel unseres heutigen Lebens. Manchmal wird es mir einfach zu viel. Dann hätte ich gerne jemanden, der sich um die vielen Details im Kleingedruckten meines Alltags kümmert, während ich mich endlich auf das wirklich Wichtige konzentrieren kann – auf das, wovon ich lebe und wofür. Natürlich weiß ich, dass der Dienstleister mit dem Versprechen, das alles zu übernehmen, vor allem Geld verdienen möchte. Was aber, wenn da einer wäre, der mir genau dasselbe verspräche – und dabei aber nicht vor allem auf den eigenen Vorteil schaute? Der es einfach nur so täte? Gratis sozusagen? – Das ist meine Sehnsucht. Und vielleicht ist es ja auch die Ihre?
Im Evangelium des Sonntags Mk 4, 26-34 bietet Gott sich uns Menschen als ein solcher ‚Jemand’ an. Jesus spricht darin von einem Bauern, der seine Saatkörner auf dem Feld ausbringt. Tag für Tag legt er sich des Abends schlafen und steht am nächsten Morgen wieder auf – und siehe da: „es keimt und sprosst“. „Die Erde“, so sagt es Jesus, „bringt von selbst ihre Frucht.“ Es ist wie in der Schöpfungsgeschichte: „Es wurde Abend und es wurde Morgen“– ein neuer Tag. Gott schafft und alles ist gut. Darum hat der Bauer auch so einen ruhigen Schlaf. Er weiß: Er hat das Seinige getan, nun müssen andere Kräfte wirken.
Das ist eine gute Nachricht für alle, die meinen, das Heil der Welt hinge nur von ihnen ab. Wenn ich die Dinge zumindest probeweise einmal aus der Hand gebe, gewinne ich ein wenig von dieser wunderbaren Leichtigkeit des Evangeliums. Für einen kurzen Moment verlasse ich das Hamsterrad meines Alltags, und die Welt dreht sich einmal nur um mich. Nur so lange, bis ich die eine oder andere wirklich wichtige Sache erledigt habe. Zum Beispiel mit meinen Enkelkindern ein Eis zu essen. Beim Aufschließen meines Fahrrades den Ausblick auf die Berge zu genießen. Solche Augenblicke sind ein Geschenk, sie sind gratis wie die Gnade Gottes. Sie kosten nichts, außer vielleicht ein wenig Zeit.