„Kinder haben keine Lobby“
Direktor Andrea Bordiga über die Zukunft der Mittelschule Obermais
Im Winter 2016 von Dr. Paul Bertagnolli
Nicht nur die Eltern sind mit ihrer Geduld am Ende. Auch der Direktor des Schulsprengels Obermais, Andrea Bordiga, glaubt, dass es so nicht weitergehen kann. Seit Jahren sucht er mit den zuständigen Politikern das Gespräch, doch mehr als Versprechungen hat er nicht erhalten.
Meraner Stadtanzeiger: Herr Direktor, die Mittelschule von Obermais ist in einem desolaten Zustand.
Andrea Bordiga: Das Gebäude ist im Grunde immer noch im Zustand von 1904. Es hat nicht mehr die Voraussetzungen für eine Schule, es ist einfach nicht dafür geeignet, abgesehen davon, dass es zu klein ist. Das Erdgeschoss kann aus hygienischen Gründen nicht genutzt werden und die Mittelschule darf aus Sicherheitsgründen nicht mehr als 140 Schüler aufnehmen, auch weil es nur einen Fluchtweg gibt. Deshalb hat die Schule eine Außenstelle im alten Rathaus in der Dantestraße – in einer Wohnung. So ist aber keine echte Schulgemeinschaft möglich. Die Unterbringung in Außenstellen ist daher aus organisatorischen und didaktischen Gründen abzulehnen.
Meraner Stadtanzeiger: Und das Platzproblem wird sich sicher nicht von selbst lösen ...
Andrea Bordiga: Heuer haben wir acht Klassen, das nächste Jahr werden wir zehn haben. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wohin wir das nächste Jahr gehen sollen. Die Gemeinde hat uns versprochen, dass sie uns innerhalb Jänner mitteilt, wo wir die Klassen unterbringen können. Doch das ist nur eine kurzfristige Lösung. Denn es werden in den nächsten Jahren sicher noch mehr Schüler werden. Wir kommen sicher auf zwölf Klassen. Wenn im alten Schulgebäude nur sieben Klassen Platz haben, brauchen wir für die restlichen Klassen ein Gebäude. Sie auf mehrere Gebäude zu verteilen, würde ich ablehnen!
Meraner Stadtanzeiger: Die Zuständigkeit liegt jedenfalls bei der Gemeinde.
Andrea Bordiga: Ja, sie muss entscheiden. Landesrat Achammer hat uns unterstützt, aber entscheiden muss die Gemeindeverwaltung.
Meraner Stadtanzeiger: Wie kann es sein, dass ein dichtbevölkertes Viertel wie Obermais keine ordentliche Mittelschule hat?
Andrea Bordiga: Im ganzen Land gibt es nur zwei Mittelschulen, die in einem solchen Zustand sind: Die Mittelschule in Obermais und die Aufschnaiter-Mittelschule in Bozen. Schulen in Städten werden grundsätzlich vernachlässigt. Ich habe als Direktor 23 Jahre lang für eine neue Turnhalle in der Rosegger-Mittelschule in Meran gekämpft, aber nichts ist geschehen.
Meraner Stadtanzeiger: Die Rosegger-Schule hat eine alte, kleine Turnhalle, aber dafür im Gegensatz zu Obermais einen schönen Schulhof. Außerdem soll jetzt das neue Schulzentrum für Untermais gebaut werden.
Andrea Bordiga: Wirklich, woher wissen Sie das?
Meraner Stadtanzeiger: Der Grund wurde ja ausgewiesen.
Andrea Bordiga: Ja, aber ob hier wirklich eine Schule gebaut wird, muss man erst sehen.
Meraner Stadtanzeiger: In den Dörfern sind die Schulen meist hell, geräumig und schön. In der Stadt ist das nicht immer so. Warum?
Andrea Bordiga: Zum Teil liegt es an der unüberschaubaren Verwaltung in den Städten. Ich war selbst Direktor in Mals. Wenn ich etwas brauchte, ging ich zum Bürgermeister und der Wunsch wurde erfüllt. In einer kleinen Gemeinde ist es einfacher. In der Stadt, auch in Meran, kommt noch das ethnische Problem dazu: Jede Volksgruppe muss gleich viel bekommen, sonst wird die andere neidisch.
Meraner Stadtanzeiger: Aber viele Oberschulen in der Stadt sind doch sehr großzügig ausgestattet.
Andrea Bordiga: Die Oberschulen gehören zum Land, da ist mehr Geld da. Die Grund- und Mittelschulen liegen im Aufgabenbereich der Gemeinden. Deshalb werden sie vernachlässigt.