Zipperle - eine Erfolgsgeschichte
Das Meraner Familienunternehmen ist in Europa führend in der Herstellung von Fruchtsaft, Fruchtmark und Konzentraten
Im Frühling 2015 von Helmuth Tschigg
50.000 Liter Traubensaft im Keller, die bei uns im Lande und in Italien niemand kaufen wollte, haben Hans Zipperle vor 65 Jahren gezwungen, neue Absatzmöglichkeiten zu suchen. Durch Zufall stieß er damals auf eine Anzeige eines deutschen Fruchtsaftanbieters, der Traubensaft suchte, und kam mit ihm ins Geschäft.
Hans Zipperle gründete im Jahre 1951 den Familienbetrieb zum Abfüllen von Apfelsaft und Fruchtlimonaden für den lokalen Markt. Aber mit der Nachfrage aus Deutschland nach Traubensaft begann die Produktion von Halbwaren für verschiedene Abfüller in ganz Europa.
In den 60er-Jahren begann er die Herstellung von Apfelsaftkonzentrat, weil die Gesetzeslage in Deutschland es ermöglichte, Apfelsaft auch aus Konzentrat herzustellen und ihn als solchen zu bezeichnen. Dadurch wurden das Produkt und die Herstellung konkurrenzfähig, auch weil sich die Transportkosten wesentlich verringerten. Anstelle von sechs Tankzügen Apfelsaft wurde ein Tankzug Apfelsaftkonzentrat geliefert.
Pürieren anstatt auspressen
In den 70er-Jahren kam ein anderer Kunde zu Zipperle und fragte, ob er im Land der Tomaten nicht einen Tomatensaft machen könnte. Das war für Zipperle eine ganz neue Herausforderung, denn Apfelsaft wird aus Äpfeln gepresst, während Tomatensaft ein Püree ist. Durch Investition in geeignete technische Einrichtungen begann die Produktion von Fruchtmark aus Tomaten, Pfirsichen, Aprikosen, Birnen und Äpfeln. Es gab somit in diesen Jahren auch eine Betriebsvergrößerung und Kapazitätserhöhung und den Einstieg in einen ganz neuen Absatzmarkt.
Babynahrungohne Pestizidrückstände
Der nächste Erweiterungsschritt wurde in den 80er-Jahren vorgenommen. Zipperle fing an, sich auch mit der Verarbeitung von Früchten aus biologischem Anbau und für Babynahrung zu beschäftigen.
Insbesondere bei Babynahrung dürfen laut den entsprechenden EU-Verordnungen die Pestizidrückstände nur ein Bruchteil des normal zugelassenen Anteiles betragen.
Mit Obst aus konventionellem Anbau, selbst dem in Südtirol gut kontrollierten integrierten Anbau, welcher den Einsatz von Pestiziden im Vergleich zur Vergangenheit stark reduziert hat, ist man aber nicht in der Lage, Obst nach diesen strengen Kriterien zu produzieren. Deshalb stellte Zipperle einen eigenen Agronomen an, der die Bauern seitdem bei der Auswahl der Sorten, beim Anbau und dabei berät, wie der Boden, die Bäume und die Früchte zu behandeln sind, damit im Obst keine Rückstände vorhanden sind und die hergestellten Produkte als Kinder-Nahrungsmittel verwendet werden können.
Der biologische Anbaubringt Chancen
Nachdem der biologische Anbau mit höchsten Qualitätsanforderungen und besonderen Kosten verbunden ist, kann mit diesen Produkten ein besserer Preis erzielt werden. Zipperle macht bereits ein Drittel seines Umsatzes mit Bioprodukten und Halbwaren für die Babynahrung. Der Absatz wächst jedes Jahr und der Verkauf von Bioprodukten scheint sich immer schneller weltweit auszudehnen.
Die riesigen Kapazitäten eines Meraner Unternehmens
Die Firma Zipperle hat seit Anbeginn ihren Sitz in der Gewerbezone in Untermais. Wie groß das Firmengelände ist, sieht man erst von oben, vom Marlinger Berg oder von Freiberg aus. Es sind rund 6 ha, davon sind 3,5 ha überbaut und 2,5 ha Freigelände. Nachdem in der Hochsaison tagtäglich bis zu 120 LKW-Ladungen ankommen, braucht es viele Rangier- und Parkmöglichkeiten. Und es ist kaum zu glauben, dass die 3.000 Tonnen Obst, die in der Hochsaison täglich geliefert werden, innerhalb von 24 Stunden verarbeitet sind, d.h. gewaschen, püriert oder gepresst, pasteurisiert oder konzentriert. Dann werden die hergestellten Produkte in riesigen Stahltanks eingelagert und bei konstant gekühlten Temperaturen gelagert. Klare Säfte bzw. Konzentrate werden mit Hilfe von hochtechnischen Filtrationsanlagen gewonnen.
Bei jeder Einlagerung wird ein sog. Durchschnittsmuster pro Tank gezogen, das nach einem vorgegebenen Prüfplan untersucht und verkostet wird. Die Prüfdaten dienen zur Gestaltung der Produktverschnitte, die den Erwartungen der Kunden entsprechen müssen.
Die Lagerkapazität bei Zipperle liegt bei 65.000 Tonnen Fruchtsaft, Fruchtmark und Konzentraten, was beinahe dem Doppelten der gesamten Südtiroler Weinproduktion entspricht. Die große Lagerkapazität ist notwendig, um die Ernte einzulagern und danach das ganze Jahr hindurch gleichmäßige und hochwertige Qualitätsprodukte liefern zu können. Die Verladung der Produkte erfolgt steril in Containern und Fässern und mit 0 bis 1 Grad gekühlt in Tankzügen.
Verarbeitete Früchte
Jährlich werden bei Zipperle zwischen 160.000 und 200.000 Tonnen Früchte verarbeitet. Nur ein geringer Anteil stammt aus Südtirol; 85% aller Früchte kommen aus Italien, ein kleiner Anteil aus benachbarten Staaten; die roten Beerenfrüchte werden hauptsächlich aus Osteuropa bezogen (Johannisbeeren, Himbeeren, Holunder, Heidelbeeren u.a.).
Von den Früchten sind 30 % Äpfel. Davon kommt nur eine geringe Menge aus Südtirol, nachdem hier die Obstwirtschaft zu 85 % genossenschaftlich organisiert ist und diese ihre eigene Verwertungsanlage für die aussortierte Ware gebaut hat, nämlich die VOG Products in Leifers. Mit dieser besteht inzwischen eine lose Zusammenarbeit, es werden Lohnverarbeitungen übernommen und Kapazitäten ausgenützt, zum Nutzen von beiden Betrieben. Die Äpfel kommen daher zum Großteil aus dem Veroneser Gebiet, aus dem Piemont und der Emilia Romagna.
20 % der verarbeiteten Früchte sind Pfirsiche, die zu Mark und Saftkonzentrat verarbeitet werden; sie werden aus ganz Italien und ein Teil aus Frankreich angeliefert.
Interessant ist die Verarbeitung von Kiwi zu Saft bzw. Saftkonzentrat und Mark. Italien ist der größte Kiwianbauer weltweit, noch vor Neuseeland!