Fürs Gutsein belächelt
Im Winter 2016 von Dr. Luis Fuchs
„Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“, soll dereinst der Schriftsteller Kurt Tucholsky definiert haben. Wie leicht sich die Grenze zwischen „gut“ und „ungut“ verschieben kann, zeigt sich am Wort Gutmensch, das zum „Unwort des Jahres 2015“ herabgewürdigt worden ist. Menschen, die sich in selbstloser Flüchtlingshilfe ehrenamtlich engagieren, werden als Gutmenschen bespöttelt und ihre Toleranz als naiv, dumm und weltfremd diffamiert.
Die sechs Herren der Darmstädter Jury werten das Wort „Gutmensch“ an sich nicht ab, wohl aber prangern sie den abschätzigen Gebrauch des Begriffs an. Deutschlands Grüne fassen die Bezeichnung als Gutmenschen gar als Kompliment auf: „Wir finden, das ist keine Beleidigung, sondern ein großes Lob.“
Genau genommen gibt es im deutschen Wortschatz keine geborenen Unwörter, das Volk unterscheidet nicht zwischen guten und bösen Wörtern. „An sich ist nichts weder gut noch böse; das Denken macht es erst dazu“, brachte es schon Shakespeare in seinem Hamlet auf den Punkt. Wenn von der „guten alten Zeit“ die Rede geht, dann werden all die Unbilden und Schrecken von damals einfach ausgeblendet oder verdrängt, unser Denken sucht sich lieber das Gute und Positive heraus. „Heute ist die gute alte Zeit von morgen“, hat uns schon Karl Valentin hintersinnig wissen lassen. Wenn sich einerseits die meisten Menschen an positive Erlebnisse besser erinnern als an negative, so erwarten sie zurzeit – wenigstens die Europäer – wenig Gutes von der Zukunft. Laut einer weltweiten Umfrage zum Jahr 2016 sind in Europa nur 27 Prozent optimistisch eingestellt, in Asien dagegen sind es gar 63 Prozent.
Das Eigenschaftswort „gut“ hat einen schweren Stand, es gilt für viele schon zu abgenutzt und abgestanden; es muss mindestens gesteigert werden, sodass das Beste gerade noch gut genug ist. Auch der Superlativ ist manchem noch zu wenig, man spricht schon vom Bestigsten oder dem Optimalsten. Was darunter liegt, ist gerade noch suboptimal. Wie kräftig wirkt dagegen der Ausdruck saugut! Man muss dabei nicht an „Saustall“ denken, denn Sprachexperten führen den Ausdruck auf die Asskarte im Kartenspiel zurück, auf der eine Sau abgebildet ist; sie ist bekanntlich eine gute Stichkarte.