Welt-Alzheimertag 2023:

Demenz als Herausforderung

21. September 2023

Der 21. September ist der Welt-Alzheimertag. Seit 1994 wird an diesem Tag auf die Situation von Menschen mit Demenz aufmerksam gemacht. Derzeit gibt es in Südtirol schätzungsweise mehr als 13.000 Menschen mit Demenzerkrankungen. Demenz stellt eine große Herausforderung für Angehörige von Patient:innen, aber auch für die Gesellschaft dar. Dr. Barbara Plagg, Wissenschaftlerin am Institut für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen, sagt: „Es gibt zwar keine Strategie, mit der wir ausschließen könnten, an Demenz zu erkranken, aber es gibt einige präventive Möglichkeiten, unser Gehirn möglichst lange möglichst fit zu halten.“

Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz

Im Alltag werden die Begriffe ,Alzheimer’ und ,Demenz’ von vielen Menschen oftmals als Synonyme verwendet. Dr. Barbara Plagg, Demenzforscherin und Wissenschaftlerin am Institut für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen, klärt auf: „Demenz ist ein Überbegriff, der viele unterschiedliche Erkrankungen zusammenfasst. Eine dieser Erkrankungen ist die Alzheimer-Demenz“, so Dr. Plagg.

Demenz erkennen

Dr. Barbara Plagg erklärt, dass niemand im Alleingang erkennen kann, ob er oder sie an einer Demenz leidet. „Gedächtnisschwierigkeiten treten im Rahmen von sehr vielen unterschiedlichen Erkrankungen auf. Es gibt auch Gedächtnisstörungen, die keinen Krankheitswert haben, wenn man z.B. gestresst oder überfordert ist“, erläutert Dr. Plagg. Als erste Ansprechperson bei einem Verdacht auf Demenz nennt sie die eigene Hausärztin/den eigenen Hausarzt. „Die Allgemeinmediziner:innen können ihre Patient:innen gegebenenfalls an Fachärztinnen und Fachärzte oder an spezifische Ambulanzen (memory clinics) verweisen“, sagt Dr. Barbara Plagg.

Demenz behandeln

Sogenannte Antidementiva können Erkrankungsverläufe verzögern, sind jedoch nicht in der Lage, die Abbauprozesse der Nervenzellen dauerhaft zu stoppen. „Antidementiva machen nicht abhängig, aber leider ist es auch so, dass sie nicht bei allen Patient:innen gleich gut wirken. Und manchmal ist es schwer, die Wirkung abzuschätzen, weil sich der Zustand trotz allem verschlechtert – aber eben ohne Medikamente noch schneller ginge“, sagt Dr. Barbara Plagg. Aktuell ist ein neues Medikament auf den Markt gekommen, ein weiteres befindet sich in der letzten Studien- und Auswertungsphase:

  • Lecanemab, Handelsname: Leqembi (Pharmafirma: Eisai und Biogen)
  • Donanemab (Pharmafirma: Eli Lilly)

„Für den Wirkstoff Donanemab sind im Juli 2023 die letzten Studienergebnisse der Phase 3 erschienen. Das Neue an diesen Medikamenten ist, dass sie auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken: Beide zielen auf die „Alzheimer-Ablagerungen“ im Gehirn (den sogenannten Beta-Amyloid-Plaques) ab und stimulieren nicht ,nur’, wie die bisher erhältlichen Antidementiva, die Hirnleistung. Leider können allerdings auch diese beiden Medikamente den Verlauf der Erkrankung nicht dauerhaft ausbremsen, aber es ist dennoch damit ein großer Fortschritt in der Forschung gelungen“, informiert Dr. Plagg.

Gene und Demenz

Nur die wenigsten Demenzen sind rein „genetisch“ vererbbare Formen, die meisten Formen werden von Umweltfaktoren „mitmoduliert“, erläutert Dr. Barbara Plagg: „Viele von uns sind Träger:innen sogenannter ,Suszeptibilitätsgene’: Diese Gene erhöhen die individuelle Erkrankungswahrscheinlichkeit. Das bedeutet, dass das Erkrankungsrisiko zwar bei Träger:innen etwas erhöht ist, dies muss aber nicht zum Ausbruch der Erkrankung führen. Schützende Umweltfaktoren – etwa ein gesunder Lebensstil – wirken auf die Gene ein. Neben dem Alter sind ein geringes Bildungsniveau, wenig Bewegung, chronischer Stress oder (unbehandelter) Diabetes, Depression, Schädel-Hirn-Traumata, ungesunde Ernährung und Isolation Risikofaktoren für Demenz“, unterstreicht Dr. Plagg.

Was dem Herzen guttut, tut dem Hirn gut!

Es gebe zwar keine Strategie, mit der man ausschließen könne, an Demenz zu erkranken, aber es gebe präventive Möglichkeiten, das eigene Gehirn möglichst lange möglichst fit zu halten, erklärt Dr. Barbara Plagg, die neben ihrer Tätigkeit am Institut für Allgemeinmedizin und Public Health als Dozentin für Präventivmedizin an der Freien Universität Bozen wirkt. „Weil viele Demenzen ,Mischformen’ sind, bei der auch Schäden der Blutgefäße eine Rolle spielen, gilt in dieser Hinsicht die Faustregel, dass alles, was dem Herzen guttut, auch dem Hirn guttut“, sagt Dr. Plagg, die weitere Tipps zur Demenz-Prävention auffächert:

  • Regelmäßige Bewegung: Es muss kein Marathon sein, aber regelmäßige, moderate Bewegung tut dem Hirn gut.
  • Nichtrauchen ist clever: Rauchen schädigt die Gefäße und ist als Risikofaktor für viele Erkrankungen, darunter auch für Demenzen, bekannt.
  • Du bist, was du isst: Die sogenannte „Mittelmeerdiät“ – bestehend aus viel Obst, Gemüse, Fisch, Olivenöl, Vollkornprodukten und Nüssen – gilt als gute Gehirnnahrung und Demenzvorbeugung.
  • Schau auf dich: Bluthochdruck, Diabetes und hohes Cholesterin sollten unbedingt eingestellt werden. Auch (unbehandelte) Depressionen gelten als Risikofaktor für Demenzerkrankungen.
  • Das Gehirn fordern und fördern: In der Neurobiologie gilt der Spruch „Use it or lose it: Benutze oder verliere es“. Alles, was unser Köpfchen fordert (z.B. Bücher lesen, ein Instrument spielen, sich angeregt unterhalten etc.), trägt dazu bei, eine „kognitive Reserve“ aufzubauen.
  • Zusammen stark bleiben: Isolation und Zurückgezogenheit tun unserem Kopf auf Dauer nicht gut – sozialer Austausch, ein „Watter“ mit Freund:innen und ein Spaziergang mit den Enkeln hingegen schon.

Die „Welt“ von Demenzkranken

Demenz ist eine große Herausforderung für das gesamte Familiensystem: „Ein Mensch, den man immer schon kannte, wird durch die Demenz zu einem anderen Menschen. Eine Person mit Demenz zu begleiten, ist oft schlicht und einfach herzzerreißend. Sofern Unterstützung da ist, kann es aber gelingen, diese letzte Lebensphase mit all ihren Abgründen und Traurigkeiten gemeinsam gut zu meistern und immer wieder Augenblicke der Leichtigkeit, der Zuversicht und des Humors zu finden“, sagt Dr. Barbara Plagg. Das alles allein zu bewältigen ist laut Plagg allerdings unmöglich: „Es kann unglaublich überfordernd sein, wenn sich eine Person so sehr verändert und wenn für diese Person alle unsere ,sozialen’ Richtwerte nicht mehr gelten – zum Beispiel, wenn die ansonsten immer so adrett gekleidete Lehrerin im Pyjama an der Kreuzung steht oder der ehemalige Professor zurück ,nach Hause’ möchte, obwohl er doch bereits in seiner Wohnung ist“, erklärt Dr. Barbara Plagg. Was nicht funktioniere, sei Menschen mit Demenz sachlich davon zu überzeugen, dass sie falsch liegen und ihnen unsere Welt zu erklären. „Das Einzige, das dazu beitragen kann, eine Situation ein bisschen zu entlasten und in eine wertschätzende Interaktion zu treten, ist, sich auf die ,Welt’ der Person mit Demenz einzulassen. Dr. Plagg erwähnt diesbezüglich zwei Beispiele für einen möglichen und wertschätzenden Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen:

→ Wenn eine Person mit Demenz z.B. ihre Kinder vom Kindergarten abholen möchte…

  • urteilend: „Aber du hast doch gar keine Kinder mehr, die du jetzt vom Kindergarten abholen musst.“
    1. „Du bist eine gute Mutter, deine Kinder sind dir wichtig. Heute holt sie aber die Tante ab und wir beide können hierbleiben.“ urteilend: „Jetzt red’ nicht so einen Unfug, du bist doch zuhause!“
    2. „Erzähl mir vom Haus deiner Kindheit.“
 

→ Wenn eine Person mit Demenz z.B. unruhig wird und „nach Hause“ gehen möchte…

Das Menschsein neu messen

„Die Demenz verlangt uns ab, das Menschsein anhand neuer Maßstäbe zu bewerten und nur die jeweilige Situation und Interaktion zu leben: Das, was war, ist weg. Und damit alles, was wir normalerweise als, Koordinatensystem’ im Umgang mit anderen haben. Das ist schwierig, das ist traurig, das macht oft mutlos“, sagt Dr. Plagg. „Aber es ermöglicht auch neue Sichtweisen auf das Menschsein, frei von Kategorien, wie z.B. beruflichen Zuordnungen und Beziehungsebenen. Demenz zwingt dich, auf tieferliegende, emotionale Anlagen auszuweichen, in denen das unmittelbare Gefühl des Moments mehr zählt als die Frage, wer dieser Mensch in der Summe seiner biographischen Eckpunkte ist“, so die Wissenschaftlerin Dr. Barbara Plagg, die über eine Begegnung mit einer Demenzpatientin am Klinikum München berichtet: „Wir hatten dort eine Patientin, die 40 Jahre lang glücklich verheiratet war und deren Mann sie regelmäßig besuchen kam. Nachdem er sich eines Tages liebevoll von ihr verabschiedet hatte, fragte sie mich: Wie heißt dieser Herr eigentlich, weil ich mag ihn sehr.‘ Das war zugleich wahnsinnig traurig, aber auch tröstlich – denn zog man die Krankheit und die Last der in ihrem Kopf verlorenen Vergangenheit ab, blieb das reine Gefühl der situativen Zuneigung und Liebe“, schildert Dr. Plagg.


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