Haftung für eine verlorene Chance
Im Herbst 2023 von Ra. Christine Ladurner
Mit Beschluss Nr. 25910/2023 hat der Kassationsgerichtshof spezifiziert, welche Handlungen/Umstände die geschädigte Partei nachweisen muss, um Anrecht auf Schadensersatz wegen einer verlorenen Chance zu haben.
Im vorliegenden Rechtsfall klagte eine Frau gegen ein Krankenhaus auf Schadensersatz wegen der anormalen Folgen (u.a. ästhetische Entstellung) eines an ihr durchgeführten chirurgischen Eingriffes. Unter anderem beinhaltet der Schaden, laut der Klägerin, auch den Verlust einer Chance im Arbeitsbereich, da sie eine Karriere im Werbesektor und der Mode eingeschlagen hatte.
Das Klagebegehren der Frau wurde in den ersten beiden Instanzen in Bezug auf den Verlust einer Chance abgewiesen, da nicht bewiesen wurde, dass sie im Modebereich arbeiten würde bzw. könnte.
Der oberste Gerichtshof hingegen bestätigte, dass es in Bezug auf die fehlende Anerkennung des Schadenersatzrechtes wegen einer entgangenen Chance, zukünftig Vermögen zu erzielen, folgendes auch nur im Vermutungswege oder durch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung zu beweisen gilt:
1) das Vorliegen und die Relevanz der verlorenen Möglichkeit, nicht in Begriffen der
absoluten Gewissheit oder einfachen Erwartung, sondern der konkreten Wahrscheinlichkeit, wie im gegebenen Fall der Einschnitt der realen und greifbaren Möglichkeit, eine Karriere als Model zu machen;
2) der Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten und dem erlittenen Schaden, wie im konkreten Fall die verlorene Arbeitsmöglichkeit als unmittelbare und direkte Folge der falschen Operation mit andauernden negativen physisch-ästhetischen Konditionen der geschädigten Person.