Man höre und staune
Im Winter 2024 von Dr. Luis Fuchs
Am 3. März wird jedes Jahr der Welttag des Hörens begangen. Damit wird weltweit auf die Bedeutung des guten Hörens und den Schutz des Hörsinns hingewiesen.
Der Hörsinn ist der differenzierteste unserer Sinne. Bereits vor der Geburt kann der Mensch im Zustand eines Fötus hören, und zwar als Erstes den Herzschlag der Mutter, der das ganze spätere Leben prägt. Nach der Geburt hat das Kind bereits akustische Vorlieben, allen voran ist es die Stimme der Mutter. Für die Bindung zwischen Mutter und Kind spielen Wiegenlieder eine wesentliche Rolle. Seit Tausenden von Jahren kommen diese zum Einsatz, hat der Musikwissenschaftler Markus Henrik herausgefunden. Sie weisen sehr ähnliche Merkmale auf: Die Tonabstände sind nicht zu groß, der Melodieverlauf geht meist angenehm nach unten und sie lassen sich wunderbar in Dauerschleife singen. Beispiele aus dem deutschen Sprachraum sind: „Der Mond ist aufgegangen“ und „Schlaf, Kindlein, schlaf“. Aus Luis Stefan Stechers Gedichtsammlung „Korrnrliadr“ hat Ernst Thoma das berührende Gedicht „Mai Maadele, mai Tschuurale“ in Noten gesetzt; es ist in der Stimmung eines Wiegenliedes quasi zu einem Volkslied geworden.
Mit unserem Hörsinn können wir Lautstärken von 10 bis 140 Dezibel wahrnehmen. Eine Kreissäge liegt bei 100 Dezibel. Bereits ab 120 Dezibel schmerzt es in den Ohren; so erreicht ein Flugzeugstart oder ein Düsenjäger-Überschallknall an die 130 Dezibel. Hörschäden sind heute keine Seltenheit mehr. Bereits die Geräuschkulisse durch den Alltagslärm kann uns krank machen. Ständige Lärmbelastung, etwa durch Straßenlärm, wird von Medizinern für Schlafstörungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich gemacht.
Wie aber verschaffen wir dem gestressten Hörsinn Erholung? Wir können beispielsweise morgens die Fenster öffnen und dem Gesang der Vögel lauschen. Bei einem Waldspaziergang kann der Gesang von heimischen Singvögeln und das sanfte Plätschern eines Bächleins wie Musik in unseren Ohren klingen. Oder suchen wir im Frühlingstal den wundersamen „Quellenbaum“ auf: Horchen wir an seinen frei stehenden Wurzeln, hören wir eine unsichtbare Quelle im Waldboden geheimnisvoll glucksen.
Dem Hörsinn verdanken wir auch die einmalige Kraft der Musik. Wenn wir Musik hören, werden unsere Gefühle unmittelbar angesprochen. Es gibt Melodien, die uns glücklich machen, bei denen uns wirklich „warm ums Herz“ wird. Die passende Musik im richtigen Augenblick kann echt Wunder wirken: erfrischende Ablenkung bieten oder das Gemüt trösten, Schmerzen lindern und Heiterkeit verbreiten. Prof. Christoph Rueger hat hierzu „Die musikalische Hausapotheke“, einen hilfreichen Führer mit Musikempfehlungen, verfasst.