Wie die Werbung mit Wörtern zaubert
Im Sommer 2023 von Dr. Luis Fuchs
Mit Anzeigen wie „SALE up to 50 %“ laden uns zurzeit Handelsbetriebe zu einer Schnäppchenjagd ein. Allerdings dürfen wir nicht maßlos dem Konsum frönen, sonst könnte uns das ungezügelte Kaufverhalten ein „Sommerloch“ in das Konto reißen. „Konsumgelassenheit“ empfiehlt uns die Philosophin Ines Eckermann: Es gilt, unseren tatsächlichen Bedarf realistisch einzuschätzen und mit Gelassenheit bewusst zu kaufen und zu verbrauchen. Dass in Italien und in der Schweiz 80 % der Kleidung ungenutzt im Schrank liegen gelassen wird, hat eine Erhebung der Online-Plattform „Statista“ ergeben.
Das Kaufverhalten entspricht jedoch nicht immer unserer Einsichtigkeit. Die Werbung packt uns genau dort, wo wir besonders anfällig sind, nämlich an unseren Gefühlen. Die Marketing-Experten sind geschult darin, Konsumgüter mit zugkräftigen Wörtern so anzupreisen, dass wir dem Kaufanreiz erliegen. Gerade die Sprache ist ein wichtiges Werkzeug im Marketing; mit gezielten „Powerwörtern“ werden Interessenten zu Käufern gemacht. Wörter wie „nur“ und „jetzt“ suggerieren, dass man eventuell eine günstige Gelegenheit verpasst: „Nur solange der Vorrat reicht“, wird einem zu verstehen gegeben. „Sparen“ ist das kürzeste Wort, um deutlich zu machen, dass es sich um ein gutes Angebot handelt: „Jetzt kaufen und 300 Euro sparen.“ Oder dem Interessenten wird die Idee vermittelt, er habe den Artikel bereits erworben: „Mit Ihrer Fitness-Uhr 2023 tragen Sie einen echten Hingucker am Handgelenk.“ Das Wort „entdecken“ erweckt den Eindruck, dass es etwas Neues zu sehen oder erleben gibt: „Entdecken Sie jetzt unsere neuen exklusiven Spar-Pakete.“ Der Gedanke, etwas gratis zusätzlich zu bekommen, wirkt überzeugend: „Unser Bonus: Als Neukunde erhalten Sie die ersten 30 Minuten gratis.“ Niemand will eine Gelegenheit verpassen, wenn ein Angebot als „letzte Chance“ ausgegeben wird.
Wenn in der Werbung die Rede geht von guten Preisen, dann ist anzunehmen, dass es sich dabei um niedrige Preise handelt. „Start frei für die Rekordpreise“ textete eine Computerfirma für ihre Laptops; da muss es sich wohl um andere Rekordpreise handeln, also um rekordverdächtige Tiefpreise. Eine Hotelkette wirbt mit den Worten: „Annehmlichkeiten zu einem unübertroffenen Zimmerpreis.“ Der Preis kann kaum unterboten werden, sollte die Botschaft wohl meinen. „Versage-Hosen zum Sonderpreis von 40,00 Euro“: Diese Werbeanzeige dürfte einen aufmerksamen Kunden stutzig machen, wenn er sich für ein Kleidungsstück des Modehauses Versace interessiert.