Die Brücken Merans
Im Sommer 2012 von Dr. Johannes Ortner
In der mehrteiligen Serie werden die Brücken Merans vorgestellt. Dabei wird in einer Art Chronik Wissenswertes zur Baugeschichte und zu den künstlerisch-architektonischen Eigenheiten dieser manchmal vernachlässigten, aber symbolträchtigen Bauwerke erzählt. Noch nie veröffentlichte historische Fotos sowie aktuelle Aufnahmen dokumentieren die Vorgängerbauten der heutigen Brücken und bebildern unsere kleine Chronik.
Wir beginnen zwar mit dem Steinernen Steg (siehe Titelfoto), folgen dann aber der Fließrichtung der Passer von der Passeirer Straße bis zur MeBo-Brücke.
Das Wort Brücke geht auf eine indogermanische Wurzel *bhreu- bzw. *bhru- „Balken, Knüppel“ zurück und ist mit Prügel urverwandt. In der Tat waren die alten Brücken in germanischer Zeit Knüppeldämme in sumpfigem Gelände. Erst die Römer bauten hölzerne Brücken und steinerne Bogenbrücken, worauf die Wendung „eine Brücke schlagen“ zurückgeht.
Der Beiname der früheren römischen Kultfunktionäre – und heute des Papstes – war pontifex maximus „oberster Brückenbauer“. Daraus leiten sich auch Bezeichnungen wie pontifikal, Pontifikat (Dauer der Herrschaft eines Papstes) ab.
Passerbrücken
Die Passerbrücken Merans verbinden die Stadt Meran an der orografisch rechten Passerseite mit den beiden Ortsteilen und ehemaligen Gemeinden Ober- und Untermais an der orografisch linken Passerseite.
Steinerner Steg
Der heutige Meraner Ortsteil Steinach gehörte im 13. Jahrhundert den Herren von Tarantsberg, als die Grafen von Tirol um 1230 die heutige Stadt Meran als forum (Marktflecken) gründeten und sie um die Mitte des 13. Jahrhunderts zum burgum an Meran (befestigter Markt Meran) erweiterten. Zwischen Meran und Steinach befand sich damals ein Stadttor („Altes Passeirer Tor“), ungefähr dort, wo sich heute der Turm der Pfarrkirche befindet.
Die Steinacher verfügten über eine Brücke, die sich wohl im Bereich des heutigen Steinernen Stegs befand. Die Meraner mussten als direkten Zugang die Spitalsbrücke errichten, welche 1258 erstmals erwähnt ist.
Der 1617 errichtete Steinerne Steg ist die älteste bestehende Brücke Merans. Seine Lage zwischen Gilf und Winter- bzw. Sommeranlage im frischen Grün des Passerufers und die klassische Schlichtheit seiner zwei Bögen machen ihn zu einem der schönsten Baulichkeiten der Stadt.
Namen
Der Name Steinerner Steg (mundartlich der stuenerne Steg) rührt von den markanten steinernen Bögen her. Das italienische Ponte di Pietra wurde in den 1960er- bzw. 1970er-Jahren von der Namenform Ponte Romano abgelöst, die im Deutschen Anlass zur etwas missglückten Schöpfung Römerbrücke gab. Im Bauprojekt der Gilf-Verlängerung 1959 ist noch der Name Ponte Pietra angegeben.
Tatsächlich vermutet man in der Nähe auf Maiser Seite die alte Statio Maiensis (zwischen der St.-Georgen-Kirche und dem heutigen Freihof bzw. Prüglbauer). Ihr gegenüber stand das Castrum Maiensis (Zenoburg). Aus praktischen und geografischen Gründen (schmales schluchtartiges Passerbett, direkte Verbindung zwischen den beiden Anlagen) muss sich tatsächlich im Gebiet zwischen dem Steinernen Steg und dem Gilfsteg eine „Römerbrücke“ befunden haben.
Der heute nicht mehr gebräuchliche Flurname Puns bezeichnete einst das Gebiet zwischen St. Georgen und dem Pardeller (Villa Erkerhaus) mit Zentrum Freihof. Wo heute die Villa Mazegger steht, befand sich einst der Prügelbauer bzw. die beiden Höfe Ober- und Unterpunst (1779). Der Name leitet sich wohl von alpenromanisch *puntes „Brücken“ ab. Im Bereich der Gilfklamm werden sich wohl ein oder zwei Passerübergänge befunden haben.
Historische Belege zum Namen Puns: 1362 Güter zu Puns, 1367 villicus de Puns dorfmaister, 1369 ...prope locum dictum Punts subtus viam que ducit ad Lutzage, 1369 Ulricus de Punts dorfmaister de sup. Mays, 1379 Ch. de Punts ex plebe Mais, 1399 Goldenhof ze Puns, 1493 Hans Prüglsoder mawrer zinst von seim guet zu Buns, 1600 Goldhof zu Punsch, 1684 O. Und U. Punst von alters Prigl und Punst genant so zwen halbe Höf.
Geschichte und Chronik
Eine niedrige Holzbrücke über die Passer ist in Arbeos Vita Corbiniani (um 760) beschrieben. Der spätere Freisinger Bischof Arbeo bzw. Aribo soll im Jahre 730 als siebenjähriger Knabe anlässlich des Begräbnisses des Hl. Korbinian auf St. Zeno beim Herumtollen über den Burgfelsen gestürzt sein. Er wurde auf Intervention des Heiligen von einer Hecke aufgefangen und kam nicht in den schäumenden Strudeln der Gilf zu Tode. Nachdem der Knabe in den Abgrund stürzte, eilten die Begräbnisteilnehmer auf eine nahe Brücke, um von dort aus den Knaben aus seiner misslichen Lage zu befreien. Im lateinischen Wortlaut: Qui dum irent cadaver quaerendo, amne super pontem transgresso, contemplabantur puerum saxo cuidam inhaerentem (zit. nach P. Cölestin Stampfer, 1889, Geschichte von Meran, S. 341). Ein kleiner Schattenriss aus Metall ist in Gedenken an den Absturz des Knaben Arbeo beim Passeirer Tor außerhalb der Stadt am Felsen oberhalb der Straße angebracht worden. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die eigentliche Absturzstelle.