Eine Arbeitsrechtsreform gegen den Wirtschaftsaufschwung
Im Sommer 2012 von Dr. Egon Gerhard Schenk
Am 18. Juli 2012 tritt die nach der Arbeitsministerin Fornero benannte Arbeitsrechtsreform (Gesetz Nr. 92 vom 28.06.2012) in Kraft. Diese Reform greift zum Teil alte Bestimmungen wieder auf, knebelt flexible Vertragsformen, steigert die Kosten der Betriebe und bringt noch mehr Bürokratie. Eines ist sicher, neue Arbeitsplätze wird diese Reform nicht schaffen. Anstatt Schwarzarbeit zu unterbinden, wird diese Arbeitsrechtsreform Schwarzarbeit fördern.
Beiträge für befristete Arbeitsverträge steigen um 1,4 %
Um befristete Arbeitsverträge möglichst zu unterbinden, sieht das neue Gesetz für diese Vertragsform folgende Änderungen vor:
- die Sozialbeiträge werden um 1,4 % erhöht;
- zwischen aufeinanderfolgenden Verträgen beim selben Arbeitgeber ist eine Pause von 60 Tagen (90 Tage für befristete Verträge von über 6 Monaten) vorgeschrieben.
Positiv ist, dass bei Verträgen bis zu 12 Monaten keine Begründung für die Befristung angeführt werden muss, dass bei Fortsetzung der Tätigkeit das Arbeitsverhältnis erst nach 30 Tagen (nach 50 Tagen bei befristeten Verträgen von über 6 Monaten) in einen Vertrag auf unbestimmte Zeit umgewandelt wird, und dass bei Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in einen Vertrag auf unbestimmte Zeit der in den letzten 6 Monaten entrichtete Zusatzbeitrag von 1,4 % zurückerstattet wird.
Bei Verträgen auf Abruf muss vor Aufnahme der Arbeitstätigkeit eine Meldung an das Arbeitsamt gemacht werden
Verträge auf Abruf dürfen auf jeden Fall mit Jugendlichen unter 24 Jahren und Personen über 55 Jahren bzw. Rentner abgeschlossen werden. Die Möglichkeit der Beschäftigung auf Abruf bleibt auch für die in der Königlichen Verordnung Nr. 2657 vom 06.12.1923 angeführten Tätigkeiten. Die Beschäftigung auf Abruf an Wochenenden, während der Ferien, zu Weihnachten und Ostern wird abgeschafft. Bei Beschäftigung unter 30 Tagen muss vor Beginn der Tätigkeit die Aufnahme der Arbeit dem Arbeitsamt mitgeteilt werden. Bei Unterlassung der Meldung sind Verwaltungsstrafen von 400,00 bis 2.400,00 € vorgesehen.
Die Beschäftigung mittels Gutscheinen (voucher) wird drastisch eingeschränkt
Die Beschäftigung von Teilzeitbeschäftigten oder Beziehern von Sozialleistungen (Arbeitslosenunterstützung, Lohnausgleich, usw.) mittels Voucher wird abgeschafft. Die quantitative Beschränkung reduziert sich auf € 5.000,00 pro Jahr, bezogen auf alle Auftraggeber. Bei Unternehmen und Freiberuflern reduziert sich diese Grenze auf € 2.000,00 pro Auftraggeber und Jahr.
Projektverträge nur mehr sehr beschränkt nutzbar
Der Abschluss eines Projektvertrages im Falle von Arbeitsprogrammen oder Arbeitsphasen ist nicht mehr möglich. Jedem Vertrag muss ein spezifisches Projekt zugrunde liegen. Die Entschädigung der Projektarbeit muss mindestens der Entlohnung eines gleichwertigen Mitarbeiters im Betrieb entsprechen.
Scheinselbstständigkeit (Auftragnehmer mit Mehrwertsteuernummer)
Übt eine Person im Besitze einer Mehrwertsteuernummer in einem Unternehmen eine Tätigkeit mittels einfachem Werkvertrag und somit mit Rechnungslegung aus, dann wandelt sich dieses Verhältnis automatisch in eine freie Mitarbeit (co.co.co.) um, falls mindestens 2 der folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- der Auftrag pro Jahr eine Dauer von mehr als 8 Monaten hat;
- mehr als 80 % des Umsatzes dem gleichen Auftraggeber in Rechnung gestellt wurde;
- der Auftragnehmer über einen festen und eigenen Arbeitsplatz im Betrieb des Auftraggebers verfügt.
Die Umwandlung findet nicht statt, wenn:
- die Leistung durch eine hoch qualifizierte Person erbracht wird;
- der Auftragnehmer in einem Berufsverzeichnis eingetragen ist;
- das Jahreseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit des Auftragnehmers das 1,25-fache der Mindestversicherungsgrundlage der Kaufleute und Handwerker übersteigt. Für das Jahr 2012 liegt die Grenze bei € 18.662,50.
Verbot der Blankokündigungen
Um den Missbrauch der Blankokündigungen zu unterbinden, wird vorerst eine neue Verwaltungsstrafe von 5.000 bis 30.000 € eingeführt. Zusätzlich muss jede Kündigung durch den Mitarbeiter von diesem bestätigt werden. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- der Arbeitnehmer bestätigt seine Kündigung beim Arbeitsamt
- der Arbeitnehmer bestätigt seine Kündigung auf der Empfangsbestätigung der Abmeldung, nachdem der Arbeitsgeber ihn schriftlich dazu aufgefordert hat. Innerhalb von 7 Tagen nach dieser Aufforderung kann der Arbeitnehmer die Kündigung widerrufen.
Eine Verordnung des Arbeitsministeriums soll noch weitere Möglichkeiten vorsehen.
Arbeitslosenunterstützung wird neu geregelt
Ab dem Jahre 2016 werden Arbeitslosenunterstützung und Mobilitätsgelder durch eine neue Form der Lohnfortzahlung ersetzt. Die neue Unterstützung heißt ASPI (Assicurazione sociale per l‘impiego) und wird durch Beiträge und durch Einzahlung einer Austrittsentschädigung bei Entlassungen finanziert.
Der ab 01.01.2013 zu entrichtende Beitragssatz beträgt bei Verträgen auf unbestimmte Zeit 1,31 %, bei zeitlich befristeten Verträgen 2,7 % (1,31 + 1,4 %). Die Austrittsentschädigung beträgt je nach Dienstalter der entlassenen Person bis zu 1,5-mal den ASPI-Anspruch des Arbeitnehmers.
Beispiel: Wenn der Arbeitnehmer eine Entlohnung von 2.000 € hat und entlassen wird, muss folgende Austrittsentschädigung bezahlt werden: 545 € bei einem Dienstalter von 1 Jahr – 1.090 € bei einem Dienstalter von 2 Jahren – 1.635 € bei einem Dienstalter von 3 oder mehr Jahren.
Abziehbarkeit der Fahrzeugkosten bei Personenkraftwagen
Der gemischte Gebrauch von Personenkraftwagen durch den Unternehmer selbst oder durch seine Mitarbeiter war schon immer im Visier der Steuerbehörde. Mit der Arbeitsrechtsreform wird die Abziehbarkeit der Kosten ab 01.01.2013 erneut reduziert. Die neuen Grenzen der Abziehbarkeit betragen dann:
- 70 % bei gemischtem Gebrauch des Pkws durch die Arbeitnehmer (vorher 90%)
- 27,5 % bei allen anderen Personenkraftwagen (vorher 40 %).