Die neue rechte Hand des Bürgermeisters
Im Winter 2012 von Gudrun Esser
Am 19. Oktober ist Stadträtin Heidi Siebenförcher zurückgetreten - Grund seien die Ermittlungen im Fall Kaufleute aktiv und daraus resultierende parteiinterne Querelen gewesen. 90 Tage blieben Bürgermeister Januth und seiner Partei, um eine Nachfolgerin zu finden. Nach der Kampfabstimmung und der Nominierung Christiane Bartolinis drohte nicht nur die Partei zu zersplittern, auch die Stadtregierung schien auf der Kippe zu stehen. In buchstäblich letzter Sekunde machte Bürgermeister Januth von seinem Initiativrecht Gebrauch und stellte den vier SVP-Ortsgruppen seine sogenannte Wunschkandidatin vor: Gabriela Strohmer. Sie wurde am 12. Jänner vom Gemeinderat mit 21 zu 16 Stimmen gewählt.
Gabriela Strohmer ist eines von vier Kindern der renommierten Hotelierfamilie Strohmer. Die Eltern führten das Hotel Europa Splendit. Zwei ihrer Brüder sind ebenfalls Hoteliere, Bruder Alexander führt das Hotel Westend, Bruder Alfred, der Jüngste der Familie, leitet inzwischen den elterlichen Betrieb, ist Gebietsobmann des HGV und Gemeinderatsmitglied. Bruder Marco ist Elektroingenieur. Auch Gabi strebte zunächst nicht das Hotelfach an, sie studierte am Sprachenlyzeum in Bozen bei den Schwestern Marcelline Sprachen und Sport an der Hochschule. Dann kehrte sie wieder zur Familientradition zurück. Sie leitet mit ihrem Mann Luigi Sommese das Hotel Aster in Obermais. Das Paar ist inzwischen seit fast 22 Jahren verheiratet und hat drei Kinder. Zwei Töchter, fast 19 und 17 Jahre alt und einen dreizehnjährigen Sohn. Gabriela Strohmers Auftreten ist selbstbewusst. Man spürt, dass sie im Umgang mit Menschen geübt ist. Und doch hat sie etwas Inoffizielles - man möchte sagen: typisch Sportlerin. Sie ist unbefangen, natürlich, hat keinerlei Berührungsängste, bleibt dennoch überlegt zurückhaltend. Eine clevere Person. Das jedenfalls ist der erste Eindruck, den die neue Stadträtin für Wirtschaft und Tourismus vermittelt. Politisch war die 45-Jährige bislang nicht aktiv. Wie es der Natur einer Sportlerin entspricht, schreckt sie diese Herausforderung nicht zurück, sie scheint das neue Ziel ins Visier genommen zu haben und schreitet den Parcours nun schrittweise ab. Zudem scheint sie über das für die Politik nötige Verkaufstalent zu verfügen. Wie stellt sie sich ihre Aufgabe als Stadträtin vor? Was sind ihre Vorhaben? Welche Visionen hat sie für Meran?
Meraner Stadtanzeiger: Frau Strohmer, eine Frage vorab: Gabriela Strohmer oder Gabi?
Gabi Strohmer: In meinem Pass steht Gabriela, mein Taufname, aber ich glaube, alle kennen mich unter Gabi, also Gabi!
Stadtanzeiger: Sie haben bereits die ersten offiziellen Termine als Stadträtin gehabt- wie fühlt sich das an?
Gabi Strohmer: Eigentlich ganz gut, nicht ungewöhnlich. Natürlich habe ich bei vielen Dingen noch nicht so viel Einblick, aber meine Kollegen sind sehr hilfsbereit und unterstützen mich. Vor allem habe ich den Eindruck, dass ich um mich herum ein sehr motiviertes Team habe.
Stadtanzeiger: Vor Ihrer Wahl hatte Ihnen sogar die Opposition unisono die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben - wenngleich keiner für Sie stimmte. Kritik wurde dafür an Ihrer Partei, der SVP, laut. Wie kam das bei Ihnen an?
Gabi Strohmer: Über die guten Wünsche habe ich mich natürlich gefreut. Ich bin ein offener Mensch und versuche deshalb auch offene Ohren für alle zu haben und reagiere daher auch positiv auf konstruktive Kritik. Weil ich der Ansicht bin, dass eine Sache dadurch auch vorangebracht werden kann. Wenn es Kritik der Kritik wegen ist, so bringt das meiner Ansicht nach niemandem etwas.
Stadtanzeiger: Sie sind Unternehmerin, leiten ein Hotel, managen ein weiteres „Familienunternehmen“, ihre drei Kinder, und haben jetzt noch 38.000 Kinder mehr, die Gemeinde. Das ist nicht wenig!
Gabi Strohmer: Die erste Phase ist sicher eine große Umstellung und sehr arbeitsintensiv. Vor allem müssen wir jetzt alle umdenken. Innerhalb des Hotelbetriebes, aber auch in der Familie. Letztlich aber ist das eine Frage der Organisation und der nötigen Unterstützung. Und ich muss sagen, ich erhalte wirklich die volle Unterstützung von meiner Familie. Mein Mann Luigi steht einhundert Prozent hinter mir und das gibt auch mir die nötige Kraft. Natürlich brauchen meine Kinder nach wie vor Vater und Mutter, aber mit fast 19, 17 und 13 sind sie auch selbstständig genug, um bestimmte Dinge ihres Lebens eigenständig zu organisieren. Ich bin eigentlich auch so aufgewachsen. Die Familie Strohmer, also meine Brüder und ich, hatte schon immer viel Freiheit. Jeder konnte seinen Neigungen nachgehen, dennoch ist die Familie immer wichtiges Fundament für alle gewesen. Und so handhaben wir das eigentlich auch in dieser, meiner Generation.
Stadtanzeiger: Sie haben das Hotel Aster in Obermais modernisiert, umgebaut. Sie kennen sich in der Branche aus. Haben Sie auch Ihre Politik betreffend Modernisierungsideen?
Gabi Strohmer: Ich habe sicherlich eigene Ideen. Doch bin ich jetzt gerade mal zwei Tage im Amt. Es wäre also verfrüht, bereits eigene Ideen einzubringen (Am 17. Jänner wurde das Amt von Rechts wegen an Gabriela Strohmer übergeben, das Interview am 19.01. geführt). Ich muss aber betonen, dass auch in der Zeit, in der das Stadtratsamt nicht besetzt war, vieles weitergelaufen ist. Die Tätigkeit hängt ja nicht nur von dem politischen Amt ab. Die Abteilungen haben weiter gearbeitet und sind maßgeblich für das Vorankommen verantwortlich. Zudem sind die politischen Programme bereits definiert. Ich werde also zunächst Vorhandenes begleiten, versuchen voranzubringen und umzusetzen. Der zweite Schritt wird sicherlich der sein, selbst Anregungen einzubringen und umzusetzen.
Stadtanzeiger: Aus Protest wurde der Beirat für Chancengleichheit aufgelöst. Haben Sie Interesse am Fortbestehen des Beirats?
Gabi Strohmer: Ja, sicherlich. Das Wiederzustandekommen des Beirats ist mir ein großes Anliegen und steht ganz oben auf meiner Liste der Vorhaben. Und da werde ich natürlich auch gerne mitarbeiten.