Der verwöhnte Prinz und das gescheite Südtirol
Im Winter 2023 von Robert Asam
Kaum hat das Neue Jahr begonnen, sehen wir Südtiroler und Innen uns mit einem ebenso wichtigen wie heiklen Thema konfrontiert. Besser gesagt, mit einem Buch, das uns Einblick in königliche Abgründe gibt, und dessen Inhalt wir auch sofort kommentieren müssen. Unser aller Tagblatt hat uns sofort in die Pflicht genommen, weil wir halt ein Volk sind, das zu allem und jedem eine Meinung hat. Die Gewissensfrage lautet: Ist Prinz Harry ein verwöhnter Pinkel oder nicht? Manche Experten für Klatsch und Tratsch haben die Frage schneller beantwortet als sie lesen können. Ich bin ja auch jemand, der zu allem seinen Senf dazugeben muss, also ist mir nichts anderes übriggeblieben, als die erstbeste Buchhandlung zu stürmen, um nachzulesen, was hinter den Mauern von Buckingham Palace wirklich geschehen ist, seit jenem verhängnisvollen Tag in Paris, an dem Lady Di bei einem Autounfall ums Leben kam. Ich wollte der erste Südtiroler sein, der die Wahrheit erfuhr. Das ist mir vermutlich nicht gelungen. In Kaltern dürfte mir Südtirols Experte Nummer 1 für Adel, Blaues Blut und Königshäuser zuvorgekommen sein, Alexander von Egen. Aber damit muss ich leben. Was mir mehr zu schaffen macht, ist der Gedanke, dass auch andere Königshaus-Insider aus Südtirol schneller waren als ich und dem Aufruf der Zeitung folgten, ihre Meinung kundzutun. So gesehen frage ich mich, ob ich mir die 400 Seiten überhaupt noch antun soll, wenn mir meine Landsleute schon vorher erklären, was ich davon zu halten habe. Ich hoffe auf ein Buch von Camilla über ihre ersten leidenschaftlichen Begegnungen mit Charles. Dann – versprochen – bin ich der Erste, der sagt, was Sache ist. In Buckingham Palace wird der Teufel los sein, wenn man erfährt, dass Südtirol wieder einmal mehr weiß als der Rest der Welt. Und vor allem vor dem Rest der Welt!