„Die Wahlbeteiligung bei den Referenden vom 12. und 13. Juni ist im Vergleich zur Volksabstimmung über die Jagd 1997 um das Doppelte gestiegen.“ Dieser Meldung zufolge hätte die Beteiligung der Bürger heuer an die 90 % erreicht. Ein derartiges Stimmverhalten stünde in krassem Widerspruch zur zunehmenden Politikverdrossenheit der Bürger Italiens. Die Wahlbeteiligung ist auf das Doppelte gestiegen, muss es korrekterweise heißen, dann sind es in etwa 57 % der Stimmberechtigten. Normalerweise versteht man unter...
„Die UNO hat das Jahr 2011 zum internationalen Jahr des Waldes ausgerufen, sie versteht den Wald als Lebensraum für Flora, Fauna und den Mensch“, lautete kürzlich die Meldung im Frühstücksradio des Senders Bozen. In diesem Lebensraum kommt der Mensch allerdings zu kurz, denn er müsste ja ein Bereich für den Mensch en sein. Ist es Hektik oder ist es Bequemlichkeit, die unsere Zeitgenossen veranlassen, die Endung -en zu verschlucken? „Die Natur dem Wanderer, das Obst dem Bauer!“ Dem Bauer n im...
Sinkende Kreditwürdigkeit wurde von der Ratingagentur S&P für Italien prognostiziert, Aussichten auf Produktivitätssteigerungen seien nicht in Sicht. Prognosen können uns ebenso irritieren wie animieren. Schönwetter-Prognosen verleiten uns zu spontanen Unternehmungen im Freien. Das lateinische Verhältniswort pro bedeutet etwa: vor, für, zugunsten, anstatt. Das „Pro“ verweist auf Zukunft und Fortschritt, es stimmt uns zuversichtlich, es klingt bejahend und zustimmend. Jedenfalls ist es in den...
„Der Landeshauptmann empfahl dem Landesrat nicht zu widersprechen.“ Wer sollte wem nicht widersprechen? Zweideutigkeiten entstehen, wenn ein Komma an der richtigen Stelle fehlt. „Er begann seine Brille auf der Nase zu beobachten, wie die Gäste eintrafen.“ Beim Lesen dieses Satzes werden wir höchstwahrscheinlich irregeführt, weil der Einschub „seine Brille auf der Nase“ nicht durch Beistriche gekennzeichnet ist. „Er fürchtet sich zu verlieren.“ Um Missverständnisse zu...
Frohe Ostern scheint manchem Zeitgenossen schon zu althergebracht zu klingen, happy Easter hört sich da schon weltmännischer an. Ich bin voll happy, ich bin total happy, platzen siegreiche Sportler los. In aufregenden Augenblicken des Daseins müssen englische Wörter her. „Ich bin froh, ich bin glücklich, ich bin überglücklich“, damit können sich Emotionen anscheinend nur unzureichend ausdrücken. Ich bin happy, das klingt lockerer, sportlicher, zeitgemäßer. Als glücklich...
„Italien ist geschaffen . Schaffen wir nun die Italiener“, soll Massimo d’Azeglio, Schriftsteller und Politiker, vor 150 Jahren gesagt haben, nachdem die Einigung Italiens vollzogen war. Vor allem war dies dem diplomatischen Geschick des Grafen Camillo Benso Cavour zu verdanken, der nach erfolgter Einigung dermaßen geschafft war, dass er im Juni desselben Jahres verstarb. Nachdem er Himmel und Erde geschaffen hatte, musste sogar Gottvater einen Ruhetag einlegen. Warum aber lautet das Perfektpartizip von schaffen einmal...
Wehe, wenn sie losgelassen wachsend ohne Widerstand ... Die erschütternden Bilder aus Japan rufen uns die Verse von Friedrich Schiller wieder ins Bewusstsein. Die Illusion von der absoluten Beherrschung der Natur durch menschliche Technik hat sich im Laufe der Geschichte selten so dramatisch gezeigt wie in den letzten Tagen. Denn die Elemente hassen das Gebild der Menschenhand, gibt Schiller im Lied von der Glocke zu bedenken. Die Selbstüberhebung und Vermessenheit des Menschen führten schon die Griechen in Tragödien als...
„In unser’n urig’n Stub’n gibt’s Schweinsbrat’n, Knöd’l und Bratkartoffel’n Oma’s Art.“ Der Berggasthof scheint sich mit der Apostrophitis infiziert zu haben, ohne Schaden zu leiden, denn Floskeln mit Häk’chen klingen urig und scheinen sogar werbewirksam zu sein. Auch in den Tallagen wird nicht weniger apostrophiert. Der „Media Markt“ bietet uns in Prospekten und Schaufenstern seine Artikel kaum ohne den Oberstrich an: Die CD’s und DVD’s , die...
Nunmehr ist die Zeit reif, so scheint es wenigstens, dass faschistische Relikte in Südtirol beseitigt oder entschärft werden. Unter dem diktatorischen Regime ist auch unsere Sprache von italienischen Ausdrücken unterwandert worden, die auch heute noch in der Umgangssprache, obwohl Fremdkörper, verwendet werden. Allerdings sind manche dieser sogenannten Italianismen wohlwollend aufgenommen worden und haben bei uns eine neue Heimat gefunden; auch der Kapuziner Wastl ist von den meisten Bruneckern längst adoptiert worden....
Neunundvierzig Sängerinnen und ein Sänger sind zusammen fünfzig Sänger. Frauen werden in der gängigen Sprachpraxis vielfach unsichtbar gemacht. Die männliche Dominanz unserer Sprache fällt einem erst bei genauerem Hinsehen auf: So werden Bezeichnungen wie Schüler, Maturant, Magister, Doktor, Meister durchwegs als rein männliche Formen verwendet; weibliche Personen sind darin höchstens „mitgemeint“ und keineswegs geschlechtsspezifisch genannt. Die Forderung nach einer Sprache, die Frauen und...